berliner szenen Im Görlitzer Park

Frühlingspop

Die Amseln trällerten lauthals in der Abenddämmerung, und so folgte ich ihrem Ruf. Ich schlüpfte in die Turnschuhe und ging joggen in den Görlitzer Park. Herrlichstes bläuliches Licht und eine zärtliche Brise, hier und da eine lauwarme Pfütze und das spürbare Drängen des Frühlings erwarteten mich. Und das übermütige Lied der Vögel natürlich. Amsel, Drossel, Fink und Star – die ganze Combo legte sich in unzähligen Stimmen mächtig ins Zeug. Pah, dagegen konnte jede noch so coole Berliner Band einpacken! Der Funke sprang auch sofort über: Ein paar Spaziergänger begannen selbst, laute Pfiffe hervorzustoßen.

Erst wunderte ich mich noch, doch dann begriff ich die innere Logik dieses Frühlingskonzerts, steckte mir je zwei Finger von links und rechts in den Mund und fiel kraftvoll mit ein. Immer mehr Menschen leisteten dem Gebot der Stunde Folge, und bald schon ertönte unser Lied aus allen Himmelsrichtungen: Treptow, Kreuzberg und Neukölln, auch vom Streichelzoo pfiffen ein paar Jugendliche herüber. Mal wurden wir leiser, dann schwoll der Gesang wieder an, und ab und zu gestattete sich jemand ein kleines Solo. Keiner ließ sich lumpen!

Wegen der Dunkelheit konnte ich meine überall im großen freien Parkgelände verstreuten Mitstreiter zwar nicht sehen, doch der frohe Geist einer Spontansession einte uns. Viele lachten zwischendurch glücklich auf, und so auch ich. Ja, das alles vermag die herannahende, die, Hand aufs Herz, beste Jahreszeit! Der Mond war rund und riesig, die ganze Stadt verheißungsvoll anders, die Schuhe liefen wie von selbst, und der letzte warme Hauch des Tages streichelte die Gesichter von Spaziergängern, Sportlern und Tieren.

ELINA KRITZOKAT