Weniger Protest, mehr Polizei

4.000 Beamte zur Münchner Sicherheitskonferenz im Einsatz – wegen Terrorgefahr

MÜNCHEN taz ■ Abends gegen halb neun flog plötzlich die Tür auf, dann stürmte eine Hundertschaft der Polizei herein, durchwühlte Schränke, beschlagnahmte Papiere und stellte die Personalien von 50 Personen fest.

Mit der Durchsuchung des linksalternativen Café Marat hat die Münchner Polizei ein paar Tage vor der Sicherheitskonferenz – die morgen im Nobelhotel Bayerischer Hof beginnt – ein unmissverständliches Signal gesetzt. Für die Gegner der Militärtagung herrscht null Toleranz oder, wie es Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) formulierte: „Wir setzen auf die bewährte bayerische Linie der Deeskalation durch Stärke.“

Da können selbst die Generäle im Bayerischen Hof noch etwas lernen. Neben zahlreichen Spitzenmilitärs werden sich dort auch die Verteidigungsminister aller 19 Nato-Staaten versammeln, ihr US-Kollege Donald Rumsfeld, dazu Vertreter der neuen EU-Mitglieder sowie aus China, Indien, Pakistan und Japan. Zentrale Themen sind die transatlantischen Beziehungen sowie die Sicherheit im Nahen und Mittleren Osten.

Damit in Ruhe diskutiert werden kann, bewachen rund 4.000 Polizisten die Tagung, die bis Sonntag dauert. Das sind mehr Beamte als im vergangenen Jahr, dabei werden weitaus weniger Demonstranten erwartet. Im Februar 2003 protestierten, mobilisiert durch den drohenden Irakkrieg, mehr als 30.000 Menschen in München.

„So viele werden es dieses Jahr mit Sicherheit nicht“, sagt Hagen Pfaff von der Münchner Attac-Gruppe und fügt sarkastisch hinzu; „Aber mir ist es lieber, es kommen weniger, und dafür gibt es keinen Krieg.“ Für ihn steht in diesem Jahr der Proteste „gegen die Ausweitung von Nato-Einsätzen und gegen die militärische Aufrüstung der EU“ im Mittelpunkt. Das elektrisiert die Massen aber weitaus weniger als ein bevorstehender Krieg.

Für Rosemarie Wechsler vom Münchner Friedensbündnis, in dem diverse Gruppen von den Müttern gegen Atomkraft bis Pax Christi organisiert sind, ist ohnehin die langfristige Arbeit wichtiger: „Wir wollen zeigen, dass Sicherheit nicht vorrangig durch Militäreinsätze, sondern durch soziale Gerechtigkeit erreicht werden kann.“ Dafür organisiert das Bündnis als Alternative zum Militärtreffen erneut eine Friedenskonferenz, zu der die alternativen Nobelpreisträger Hans-Peter Dürr und Alla Jaroschinskaja kommen werden. Eine Menschenkette um den Tagungsort ist geplant, am Samstag gibt es eine gemeinsame Demonstration aller Gruppen.

Im Gegensatz zum vergangenen Jahr planen DGB und SPD dagegen keinen Protest. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der damals mitdemonstrierte, empfängt die Teilnehmer der Veranstaltung nun wieder mit einem offiziellen städtischen Empfang. Der Krieg ist eben vorbei. Außer für den Münchner Polizeipräsidenten Wilhelm Schmidbauer: Der rechtfertigt die gigantische Polizeipräsenz damit, dass die Sicherheitskonferenz ein lohnendes „Anschlagsziel für Terroristen“ sei. JÖRG SCHALLENBERG