Übernahmekandidat Deutsche Bank

Zwar verzeichnet der Branchenprimus im letzten Jahr einen Gewinnsprung. Aber dafür musste das Unternehmen unter Vorstandschef Ackermann bluten. Dem Börsenwert hat es wenig genützt. Inzwischen bekundet die Citibank Interesse

VON HERMANNUS PFEIFFER

Es war nicht nur seine in breitestem Schwitzerdütsch vorgebrachte Entschuldigung für das Victory-Zeichen im Mannesmann-Prozess – auch sonst konnte man gestern bei der Bilanz-Pressekonferenz 2003 der Deutschen Bank den Eindruck gewinnen, dass Vorstandschef Josef Ackermann alles recht war, was von den Zahlen ablenkte. So klagt der zurzeit wohl prominenteste Angeklagte in Deutschland darüber, dass nur hier Menschen vor Gericht stünden, „die Werte geschaffen haben“. Sich selbst kann er allerdings damit nicht gemeint haben: In seinem ersten vollen Amtsjahr hat er erhebliche Werte vernichtet.

Das vom Schweizer Investmentbanker geliebte Geschäft mit Aktien und Wertpapieren war bereits in der seit März 2000 andauernden Börsenflaute untergegangen, die früher lukrativen privaten Kunden und den Mittelstand hatte Vorgänger Rolf E. Breuer vergrault – Breuer, der selbst verurteilt wurde, weil er das Bankgeheimnis des Medienmoguls Leo Kirch verletzt hatte. Ackermann reagierte 2003 notgedrungen mit einem Kurswechsel: Das Kreditgeschäft sollte nun wieder mehr in den Mittelpunkt rücken.

14.500 Beschäftigte mussten die Bank verlassen, Firmenteile, die nicht mehr zum Kern des Konzerns zählen, wurden verkauft. Obendrein verscherbelte Ackermann das Tafelsilber: Die Beteiligungen an Industrie und Versicherungen, selbst die Anteile an der Allianz sind nicht tabu. Zu besseren Börsenzeiten brachten es alleine die Industrieaktien der Bank auf umgerechnet 25 Milliarden Euro. Heute ist das ganze Institut der Börse kaum mehr wert. Um den Kurs einigermaßen zu retten, ließ Wertevernichter Ackermann für sechs Milliarden Euro eigene Aktien zurückkaufen.

„Ein Aktienrückkauf hilft wenig, wenn damit der Kurs gestützt werden soll“, kritisierte die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz – und behielt Recht. Mittlerweile ist die einst weltweit mächtigste Bank zum Kaufkandidaten geworden. Die Financial Times berichtet von Übernahmewünschen der amerikanischen Citi-Group, angeblich angeleiert von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Kaufgerüchte tauchen allerdings regelmäßig auf, denn die deutschen Großbanken sind billig zu haben. Weil sie aber zu wenig Profit abwerfen, bleiben sie Ladenhüter.

Einen anderen Weg schlug der heutige globale Branchenprimus Citibank ein. Diese setzt seit Mitte der 90er-Jahre auf das bewährte, von Breuer und Ackermann verschmähte deutsch-schweizerische Universalbanksystem. Heute verdient sie mit kleinen Kundenkrediten so viel wie mit Aktienplatzierungen, dagegen sanken die Zinseinnahmen der Deutschen Bank um 19 Prozent, das Investmentgeschäft ging um 20 Prozent zurück.

Ackermann hofft, die Bank nun gesundgeschrumpft zu haben. Er sieht „Erfolge unserer Transformationsstrategie“. Die Reserven sind jedoch verpulvert, ohne konjunkturellen Aufschwung dürfte der Chef 2004 scheitern. Dann helfen auch alle Victory-Zeichen nicht mehr.