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: Ach, Bökelberg!

Borussia Mönchengladbach befleißigt sich bei seiner Abschiedstour im alten Stadion einer etwas übertriebenen Gastfreundschaft

Es gibt drei Möglichkeiten, die Winterpause zu nutzen:

1.) Man konserviert die Leistungen der Vorrunde – seien es gute (Bremen und Bochum), mittelmäßige (Schalke, Freiburg und Rostock) oder miserable (Hertha) – und startet unverändert in die Rückrunde.

2.) Man nutzt die Pause, um sich zu berappeln (Frankfurt, 1860) bzw. um wieder zu Kräften zu kommen (Stuttgart).

3.) Man verbaselt die brauchbare Form des Herbstes irgendwo in Arabien oder Südspanien und legt einen Fehlstart hin. Zu dieser Kategorie gehört – neben Bayern, Leverkusen, Wolfsburg und dem HSV – die Borussia aus Mönchengladbach, die in den letzten Spielen vor der Winterpause doch gerade begonnen hatte, ein stabiles Fachwerkhaus zu errichten. Davon war am Samstag nichts mehr zu sehen. Und so ist zu befürchten, dass das Stadion-Abschiedsmotto „Bye, bye Bökelberg“ am Ende auch für die Klassenzugehörigkeit gilt.

Um das zu vermeiden, sollte die Borussia das gastfreundliche Programm, mit dem sie nostalgische Abschiedsgäste in das „Bökelstadion“ lockt, vielleicht noch einmal überdenken. Klar ist es schön, wenn man das wirklich bizarr mitten in die Gärten der umliegenden Häuschen gebaute Stadion in aller Ruhe betrachten kann, weil die Heimelf in der ersten Halbzeit darauf verzichtet, einen durch irgendwie nennenswerte Spielzüge abzulenken. Man denkt wehmütig an die Fans, die von den moosigen, steilen Steintreppen aus zweiwöchentlich Netzer, Simonsen und Bonhof beim Zaubern zusehen konnten. Selbst die Regenfront, die sich bei Spielbeginn am westlichen Horizont aufbaute, verharrt dort höflich bis zum Abpfiff und erlaubt es, die großen Momente dieses Stadions bei Sonnenschein Revue passieren zu lassen: Das 7:1 gegen Inter, den Pfostenbruch gegen Bremen …, und da ist man wieder in der Gegenwart.

Bremen spielte in Gladbach genau so, als hätten sie in der Winterpause ausschließlich die Bayern-Videos aus deren Meisterjahren studiert: Cool und ökonomisch kontrollieren sie das Spiel, vor allem dank ihrer technisch und körperlich haushoch überlegenen Abwehr und einem überzeugenden Überzahlspiel in Ballnähe. Wenn das Ausgleichstor her muss, wird es gemacht; ein Platzverweis weckt eine Jetzt-erst-recht-Reaktion, und das Siegtor macht man in der 90., wenn der Gegner nicht mehr zurückschlagen kann. Geht man nach der Tagesform, spielte hier der Deutsche Meister gegen einen Absteiger. Also, Gladbach: Nicht so freundlich! Sonst: Bye, bye Borussia. Und Werder: Weiter so bis Mai! Bitte!

OLIVER THOMAS DOMZALSKI