Ein Regime für den Irak

George W. Bush und Tony Blair treffen sich, um über die Nachkriegsordnung im Irak zu sprechen. Dabei wird Bush das Sagen haben

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Er komme, um Frieden zu stiften, sagt er. US-Präsident George W. Bush trifft morgen mit dem britischen Premierminister Tony Blair und Irlands Regierungschef Bertie Ahern im nordirischen Hillsborough zusammen, um mit Nordirlands Parteien über die Zukunft der Krisenprovinz zu reden. Die Regierungen in London und Dublin werden am Donnerstag einen Vorschlagskatalog vorlegen, den die nordirischen Parteien annehmen müssen, wenn das suspendierte Belfaster Regionalparlament wieder eingesetzt werden soll.

Doch zunächst halten Blair und Bush heute Kriegsrat. Dabei geht es vor allem um die Frage, was im Irak nach dem Krieg geschehen soll. Blair wünscht sich eine starke Rolle für die Vereinten Nationen, wie er und Bush es vor dem Angriff versprochen hatten. In den USA gibt es jedoch längst andere Überlegungen. Bereits morgen soll nach Plänen des Verteidigungsministers Donald Rumsfeld im Südirak eine Interimsregierung eingesetzt werden, geleitet vom früheren Generalleutnant Jay Garner, der direkt dem Pentagon unterstellt werden soll.

„Die Einschätzung ist korrekt, dass dies die erste Phase einer Neuordnung im Irak ist“, sagte ein Regierungsbeamter in Washington. Nach Rumsfelds Vorstellungen soll der Irak in drei Verwaltungsgebiete aufgeteilt werden: der Süden unter dem pensionierten General Buck Walters, der kurdische Norden unter General Bruce Walters und Bagdad sowie der Zentral-Irak unter der früheren US-Botschafterin im Jemen, Barbara Bodine. Die US-Verwaltung soll nach und nach irakische Exilanten in Schlüsselpositionen einsetzen, vor allem den Chef des irakischen Nationalkongresses, Ahmad Chalabi. Chalabi sagte allerdings, dass jeder Iraker, der für eine US-amerikanische Marionette gehalten werde, ein toter Mann sei.

Rumsfelds Plan ist in der US-Regierung nicht unumstritten. Außenminister Colin Powell, der heute gemeinsam mit Bush in Nordirland eintrifft, favorisiert eine Militärregierung, die das Land verwaltet und einheimische Oppositionelle langsam an die Macht heranführt.

Eine Rolle für die Vereinten Nationen – abgesehen von humanitärer Hilfe – ist in keinem der beiden Pläne vorgesehen. Ein Sprecher des Pentagons sagte: „Der Krieg geht ohne die UN weiter. Wir brauchen die UN nicht, um einen demokratischen Irak aufzubauen, sie sind nicht relevant. Frankreich möchte nach dem Krieg eine Rolle im Irak spielen? Die machen wohl Witze.“

Die erneute Zurückweisung der UNO stürzt Blair in ein Dilemma. Stimmt er den Plänen Washingtons zu, torpediert er damit eine Annäherung in der Europäischen Union. Doch wird er Bush auf dem heutigen Gipfel in Nordirland nicht umstimmen können. Der republikanische Kongressabgeordnete Peter King sagte: „Herr Bush tut Herrn Blair einen Gefallen, indem er zeigt, dass er dem nordirischen Friedensprozess verpflichtet ist.“ Mehr kann Blair nicht erwarten, seine Probleme mit seinen europäischen Verbündeten haben in Washington keine Priorität.

Im Pentagon wurde vergangene Woche sogar der Name von James Woolsey als Chef einer Interimsregierung im Irak gehandelt, was für Blair unerträglich wäre. Der ehemalige CIA-Chef hatte in einer Rede vor Studenten vorigen Mittwoch gesagt: „Dieser vierte Weltkrieg wird erheblich länger dauern als die beiden ersten Weltkriege.“ Der dritte Weltkrieg sei der Kalte Krieg gewesen. Der neue Weltkrieg müsse gegen drei Feinde geführt werden, sagte Woolsey: die religiösen Führer des Iran, die Faschisten im Irak und in Syrien sowie islamische Extremisten wie al-Qaida.