Der Rote aus Peter Harrys CDU-Apparat

Raju Sharma will für die Linke OB in Kiel werden. Er kommt ausgerechnet aus der CDU-geführten Kieler Staatskanzlei

KIEL taz ■ Raju Sharma arbeitet als Referatsleiter in der Staatskanzlei von Schleswig-Holstein – vier Etagen unter dem Büro des Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen. Das wäre eigentlich nichts Besonderes, doch Sharma ist Politiker der Linken, was in einer CDU-Regierungszentrale nicht so oft vorkommt. Und jetzt will er auch noch selber regieren: als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel.

Die Wahl ist am 15. März. „Ich würde nicht ausschließen, dass ich gewinne“, sagt der 44-Jährige. Doch selbst wenn nicht: „Ich werde andere Themen setzen.“ Zwei Dinge, meint er, befähigten ihn für den Job: „Ich kann Verwaltung. Und ich kenne Armut.“

Der Sohn eines Inders wurde in Hamburg geboren, seine Eltern starben früh, ein Cousin des Vaters nahm die Waisen auf: „Das ist vielleicht typisch indisch. Dabei hat er selbst kaum Geld gehabt.“ Sharma zog ein Jurastudium durch und arbeitet seit 1990 im Landesdienst. Seit 25 Jahren ist er verheiratet, seine Kinder sind erwachsen. Als Student engagierte er sich in der Friedensbewegung, bei der DKP und dem Marxistischen Studentenbund Spartakus, trat 1992 aber in die SPD ein. 2003 war er als Geschäftsführer für das Kulturprogramm der Fußball-WM zuständig. 2005 ging er in die Staatskanzlei.

Wegen der Agenda 2010 und „dem Umgang mit den Kritikern“ wechselte Sharma zur Linkspartei und gestaltete den Zusammenschluss mit der WASG mit. Doch bis heute ist die Linke in Schleswig-Holstein gespalten, es geht vor allem um persönliche Befindlichkeiten. Auch deshalb sei seine Kandidatur wichtig, meint Sharma: „Ich will zeigen, dass man sich gemeinsam engagieren kann.“

Trotz des internen Zoffs schnitt die Linke bei der Kommunalwahl im Mai gut ab und erreichte in Kiel 11 Prozent. Die CDU verlor, wie in anderen Städten im Land, dramatisch, die SPD wurde stärkste Partei. Die schwarz-grüne Kooperation in Kiel wurde von einem rot-grünen Bündnis abgelöst, das von der Ratsfrau der Minderheitenpartei SSW unterstützt wird. Bei der OB-Wahl kandidieren Angelika Volquartz, die Amtsinhaberin von der CDU, und Torsten Albig, der Pressesprecher des Bundesfinanzministers Peer Steinbrück. „Eine Wahl wie zwischen Mumps und Masern“, findet Sharma. Er will als Verwaltungschef die Atmosphäre der Stadt verändern, „deutlich machen, dass wir Dienstleister für alle sind, ob sie Transferleistungen beziehen oder Unternehmen leiten“. Wenn über Privatisierungen gesprochen wird, müsse die Verwaltung das halt gut vorbereiten.

Bis ins bürgerliche Lager hinein hofft Sharma auf Stimmen, er habe viel Zuspruch erhalten. Auch von Kollegen in der Staatskanzlei. Und was sagt Peter Harry Carstensen? „Das Verhältnis ist nett. Er frotzelt“, sagt Sharma. „Aber da kann ich gegenhalten.“ ESTHER GEISSLINGER