Weltweite Energiewende machbar

Umweltbeirat der Bundesregierung legt sein Hauptgutachten vor. Ölsparen bringt Friedensdividende. Vor allem das arme Drittel der Menschheit würde von sauberen Energien profitieren. Mit Deutschland sind die Professoren ganz zufrieden

BERLIN taz/epd ■ Eine globale Energiewende ist dringend notwendig, meint der Wissenschaftliche Beirat „Globale Umweltveränderungen“ der Bundesregierung. Und, vielleicht etwas überraschender: sie ist auch möglich. Mit einer Versorgung der Weltbevölkerung auf der Basis erneuerbarer Energien könne das Weltklima geschützt werden, sagte der Beiratsvorsitzende, Professor Hartmut Graßl, am Donnerstag in Berlin nach der Übergabe eines neuen Gutachtens an die Bundesregierung. Auf den 250 Seiten werden Beispiele genannt und Szenarien entwickelt.

Eine solche Energiepolitik bringe auch eine „Friedensdividende“, da die Abhängigkeit von den regional konzentrierten fossilen Energieträgern, vor allem vom Erdöl, vermindert werde, erläuterte Graßl. Dies ist eine strategische Frage für die Industrieländer, ist aber auch für die Armutsbekämpfung in den Entwicklungsländern grundlegend, soder Beirat in dem Gutachten „Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit“.

Graßl zeigte sich mit der bisherigen Politik in Deutschland zufrieden. Allerdings müsse die Energieeffizienz noch weiter erhöht werden. So seien im vergangenen Jahr erstmals 4,5 Prozent Strom aus Windkraft ins Netz eingespeist worden, was vor zehn Jahren noch niemand für möglich gehalten habe. Bei der Solarenergie sieht Graßl noch Handlungsbedarf. Hier müsse der Staat eine „Vorsorgeforschung“ betreiben, weil der zeitliche Korridor für die Energiewende enger werde.

Der Anteil erneuerbarer Energien sollte aus Sicht des Beirates bis 2050 global auf 50 Prozent gesteigert werden. Die Gutachter schlagen für die globale Energiewende einen konkreten Fahrplan vor. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) solle bis zum Jahr 2020 ihre Mittel für die Energieforschung auf 10 Prozent an der Gesamtforschung steigern (das wäre eine Verzehnfachung, was aber nur zeigt, wie wenig derzeit dafür ausgegeben wird) und eine ökologische Finanzreform realisieren. In Industrieländern sollten Subventionen für fossile Energieträger wie Kohle und für Kernenergie bis 2020 vollständig abgebaut werden.

Dass es für das arme Drittel der Menschheit nicht nur um das Klima geht, verdeutlicht dabei ein Beispiel im WBGU-Gutachten. Die „Energie-Armen“ verbrennen vor allem Holz und Dung. An der dadurch entstehenden Gesundheitsbelastung in Innenräumen sterben jährlich etwa 1,6 Millionen Menschen – deutlich mehr als an Malaria, so die Gutachter. R. METZGER

Das Gutachten: www.wbgu.de