Ende einer Kaperfahrt

Abu Abbas, angeblicher Drahtzieher der „Achille-Lauro“-Entführung, wurde von US-Soldaten in Bagdad festgenommen. In Italien war er in Abwesenheit zu fünfmal „lebenslänglich“ verurteilt worden

BERLIN taz ■ Fast 18 Jahre nach der Entführung des italienischen Kreuzfahrtsschiffs „Achille Lauro“ haben US-Soldaten den mutmaßlichen Drahtzieher der Aktion, Abu Abbas, in Bagdad festgenommen. Obwohl Abbas damals nicht selbst an Bord des Schiffes war, wurde er 1987 von einem italienischen Gericht zu fünfmal lebenslänglich verurteilt: Es waren vier Kader der von ihm geführten Palästinensischen Befreiungsfront (PLF), die im Oktober 1985 das Schiff auf dem Weg von Ägypten nach Israel kaperten.

„Die Leute hören dir nicht zu, wenn du nicht lautstark an die Tür klopfst“, verteidigte Abbas noch im August 2001 die damalige Gewalttat. Zugleich bezeichnete er die Entführung aber auch als „Fehler“ und „Vergangenheit“. Für die Gegenwart betrachtet Abbas den Terrorismus nicht mehr als geeignetes Mittel, um auf die Lage der Palästinenser aufmerksam zu machen. In den letzten Jahren widmete sich Abu Abbas anscheinend vor allem den Anbau von Kiwis auf seiner Farm südlich von Bagdad.

Abbas wurde um 1948 in Haifa geboren. Nach der israelischen Staatsgründung im selben Jahr floh seine Familie nach Syrien, wo Abbas später arabische Literatur und Englisch studierte. Seit 1977 war er Aktivist der PLF, von 1984 bis 1991 Mitglied der PLO-Führung. Ende der 90er-Jahre schwor Abbas der Gewalt ab, woraufhin ihm die israelische Regierung Besuche in Palästina gestattete. Er sprach sich zuletzt auch für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts aus. Israelische Sicherheitskreise vermuten indes, Abu Abbas habe als Bindeglied zwischen der irakischen Führung und den Familien palästinensischer Selbstmordattentäter gedient.

Die genauen Umstände der Entführung der „Achille Lauro“ sind bis heute nicht geklärt. Sie fand eine Woche nach dem israelischen Bombardement der PLO-Zentrale in Tunis im Oktober 1985 statt, was die Attentäter als Grund anführten. Doch es war offensichtlich, dass die Aktion nicht in sieben Tagen geplant worden sein konnte.

Der ursprüngliche Plan der PLF war vermutlich, den israelischen Hafen Aschdod anzulaufen, dort einen Bus zu entführen und palästinensische Gefangene freizupressen oder die israelischen Geiseln zu ermorden. Doch so weit kam es nicht. Nach einer dreitägigen Irrfahrt gaben die PLF-Entführer vor der ägyptischen Küste auf. Zuvor erschossen sie noch den behinderten US-Touristen Leon Klinghoffer wegen seines jüdischen Glaubens und warfen ihn mitsamt seinem Rollstuhl ins Meer. Ägypten ließ die PLF-Kader nach Tunesien ausreisen, die israelische Luftwaffe zwang das Flugzeug aber zur Landung auf Sizilien. Die italienischen Behörden mussten Abu Abbas, der inzwischen zu den Attentätern gestoßen war, indes wegen Mangels an Beweisen laufen lassen.

Der heutige palästinensische Präsident Jassir Arafat, den das US-Außenministerium damals der Mitwisserschaft bezichtigte, verwahrte sich stets dagegen. Vielmehr habe er die PLF zur Aufgabe überredet. Arafat behauptete, der syrische Geheimdienst hätte die PLF zu der Aktion angestiftet, um Friedensgespräche in London zu verhindern. YAS