Christenfeinde im Wortlaut

Drei Verfahren um falsch verwendete Zitate hat die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs schon für sich entschieden. Jetzt muss der Bremer CDU-Bausenator Jens Eckhoff erneut vor dem Hamburger Landgericht antreten. Sind deutsche Politiker unbelehrbar?

Von Klaus Wolschner

„Eine weitere Ohrfeige für den bayerischen Verfassungsschutz“, freut sich Mustafa Yeneroglu, habe es vor dem Hamburger Gericht gegeben. Und er fügt schnell hinzu: „Die Bayern sollten endlich einmal rechtsstaatliche Grundsätze beachten.“ Yeneroglu, studierter Jurist und Anwalt, ist stellvertretender Generalsekretär der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs“ (IGMG). Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hatte Strafanzeige gegen Yeneroglu gestellt wegen angeblicher eidlicher Falschaussage in dem Gerichtsverfahren gegen den Bremer CDU-Politiker Jens Eckhoff.

Milli Görüs setzt sich zur Wehr gegen Behauptungen, durch welche die Islamische Gemeinschaft nach eigener Ansicht diffamiert wird. Als die CDU im Dezember 2002 Milli Görüs in einer Pressemitteilung unterstellte, die Organisation sei fundamentalistisch und verfassungsfeindlich, musste sie sich mangels bremischer Indizien auf eine Broschüre des bayerischen Verfassungsschutzes aus dem Jahre 1996 beziehen.

„Besonders feindlich steht die IGMG dem Christentum gegenüber“, heißt es da. Und dann berichtet die Bremer CDU, dass „der bayerische Verfassungsschutz Milli Görüs wie folgt“ zitiert: „Für uns gibt es nur drei Feinde. Der Feind Nummer 1 sind die Christen. Der zweite Feind sind ebenfalls die Christen. Der Feind Nummer 3 sind abermals die Christen.“ An zitierter Stelle in der Broschüre heißt es weiter: „Ich habe einen der Jugendlichen später gefragt, was er machen würde, wenn ein Christ seiner Schwester das Kopftuch wegnehme ...“

Der Pressesprecher des Verfassungsschutzes hatte Yeneroglu gegenüber am Telefon einmal gesagt, dass das Zitat offenkundig von einem Jugendlichen stamme, der wohl vor einer Moschee gestanden habe. Dies hatte Yeneroglu in dem Verfahren gegen Eckhoff berichtet, um zu belegen, dass keineswegs die Gemeinschaft Milli Görüs mit den Sätzen identifiziert werden könne.

Da hatte der bayerische Verfassungsschutz aber schon vor dem Hamburger Landgericht behauptet, das Zitat stamme von einem offiziellen Redner der IGMG – „ohne Angabe von Datum, Ort und Person“, wie das Gericht monierte. Der bayerische Verfassungsschutz stellte Strafanzeige gegen Yeneroglu wegen eidlicher Falschaussage. Die Hamburger Richter wollten in der vergangenen Woche das Verfahren aber gar nicht erst eröffnen mit der Begründung, es gehe ja schon aus dem Kontext hervor, dass das Zitat von einem Jugendlichen stamme.

Inzwischen nämlich hatte der Verfassungsschutz im Berufungsverfahren vor dem Hamburger Oberlandesgericht eine ganz andere Geschichte aufgetischt: Der Satz sei im Jahre 1989 gefallen, Redner sei ein Mann namens Yilmaz gewesen. Damit sah das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Gericht regelrecht getäuscht, denn die IGMG ist erst im Jahre 1995 gegründet worden, „also kann es kein IGMG-Redner gewesen sein“. Zudem, so das Gericht, sei „nicht glaubhaft gemacht“, dass das Zitat wahr sei. Die dienstliche Erklärung des Präsidenten des Verfassungsschutzes habe „lediglich allgemein bestätigt“, dass die Sätze im Jahre 1989 von dem Redner Yilmaz gesprochen worden seien. Da aber „unklar“ sei, wie der Verfassungsschutz Kenntnis von dem Zitat erlangt habe, könne das Gericht nicht bewerten, „wie zuverlässig die Quelle ist“. Immerhin stehe der Behauptung die eidesstattliche Erklärung des Redners Yilmaz entgegen, so etwas nicht gesagt zu haben. Und schließlich war für das Gericht der Umstand von Bedeutung, dass das angebliche Zitat 13 Jahre alt war, als die Bremer CDU es verwendete: „Die dem Leser der Pressemitteilung vermittelte Aktualität des Zitates entspricht also ... nicht der Realität.“

Nachdem der Bremer CDU in zwei Instanzen im Eilverfahren verboten worden ist, diese Zitate weiter zu verwenden, will Eckhoff es im Hauptverfahren am 12. März noch einmal wissen. Er müsse akzeptieren, dass er sich bisher vor Gericht nicht durchsetzen konnte, meinte er auf Nachfrage der taz: „Ich kann bestimmte Zitate nicht mehr verwenden.“ Seine Auffassung habe er aber nicht geändert, der Verfassungsschutz müsse eben neue Belege „nachliefern“. Und wenn die Bremer Sozialsenatorin Karin Röpke Milli Görüs als Gesprächspartner akzeptiere und an den Runden Tisch im „Bremer Rat für Integration“ einlade, sei das ihre Sache – er hätte das nicht getan.

Nach der vorletzten Niederlage vor Gericht hatte Eckhoff mit erstaunlicher Unbelehrbarkeit erklärt, er lasse sich nicht unter Druck setzen. „Nach meiner Auffassung geht die Entscheidung der Kammer völlig an der bestehenden Rechtslage vorbei. Ich verlasse mich ganz auf das Schreiben des Bayrischen Landesamts für Verfassungsschutz.“