Goldener Blitzableiter

Das Elbschlösschen alias Landhaus Baur feiert seine Wiedergeburt. Das klassizistische Kleinod wurde lange Jahre verkannt und misshandelt. Viele technische Neuerungen für die Zeit Napoleons

von GERNOT KNÖDLER

Die Investoren im Elbschlosspark werden sich freuen. Neben den luxuriösen Stadtvillen in angenehmer Entfernung zur Elbchaussee ist jetzt ein Gebäude wiederhergestellt worden, das die Neubauten durch seine Schönheit und die Verbindung zu einer großen Vergangenheit adelt. Im Auftrag der Hermann-Reemtsma-Stiftung hat der Architekt Alk Arved Friedrichsen das heruntergekommene Landhaus Baur liebevoll restauriert.

Der klassizistische, streng nach mathematischen Regeln konstruierte Bau des dänischen Architekten Christian Frederik Hansen wurde in einer Parkanlage des französischen Architekten Joseph Jacques Ramée errichtet. Nach den Worten Friedrichsens stehen beide für eine Verbindung von Vernunft und Natur, wie sie für die Epoche der Aufklärung und der Französischen Revolution typisch gewesen sei.

Das 1803 bis 1806 erbaute kleine Landhaus an der C. F. Hansen-Straße hat eine wechselvolle Geschichte. Sein Auftraggeber starb zwei Jahre nach der Fertigstellung. Bis 1870 blieb es in Familienbesitz, um danach zur Wohnung des Direktors der 1881 gegründeten Elbschloss-Brauerei zu werden. Später wurde die zweigeschossige Villa in drei Wohnungen aufgeteilt. Obwohl sie seit den 1940er Jahren unter Denkmalschutz stand, wurden Wände und Treppenhäuser herausgerissen, das letzte 1961.

Dabei ist zum Beispiel das jetzt wiederhergestellte enge elliptische Treppenhaus eine wunderbare und sehr modern anmutende Überraschung. Es liegt direkt neben der zylindrischen Halle im Zentrum des quadratischen Grundrisses. Zwischen angedeuteten korinthischen Säulen schmücken Statuen die Wände der Halle. Ein kupferverblendetes Oberlicht in einer flachen Kuppel spendet natürliches Licht und lässt die Halle leicht und luftig wirken. An eine andere Seite der Rotunde grenzt ein quadratisches Treppenhaus. Das Quadrat spielt auch für den Aufriss des Gebäudes eine Rolle: Er hat die Form eines halben Quadrats. „Es war die reine Vernunft, die gebaut wurde und die mit dem Park im Gespräch war“, sagt Friedrichsen.

Die Treppenhäuser wie den Stuck, der die Zimmerdecken umrahmt, rekonstruierte Architekt Friedrichsen mit Hilfe eines gut handtellergroßen Grundrisses aus der Feder Hansens sowie von Resten und Spuren, etwa der Treppenstufen, deren Querschnitt sich an den Wänden abzeichnete. Dabei erlebte er so manche üble Überraschung: „Die Putzkuppel trug nur noch sich selbst“, erinnert sich der Architekt. Als Teil eines Bombenschadens 1943 müsse die eigentlich tragende Holzkonstruktion verkohlt sein. An zwei Stellen habe sich überdies Hausschwamm festgesetzt.

Letzterer war zum Teil Folge technischen Schnickschnacks, der das Elbschlösschen auszeichnet: in diesem Fall einer innen liegenden Dachrinne mit im Mauerwerk verborgenen Fallrohren. Ein Novum für Hamburg in der Zeit Napoleons waren auch die nach innen öffnenden Fenster und ein Blitzableiter – der erste an einem Hamburger Privatgebäude. Der reiche Kaufmann Johann Heinrich Baur ließ ihn vergolden.

Baurs Villa beherbergt jetzt die Verwaltungsräume der Reemtsma-Stiftung. Die Architekten-Kammer nutzte sie, um einen neuen Band ihrer Schriftenreihe vorzustellen, der auf eine Ausstellung des Altonaer Museums zum Wirken von C.F. Hansen in Hamburg, Altona und den Elbvororten im Jahr 2000 zurückgeht. Er ist im Deutschen Kunstverlag erschienen und kostet 39,90 Euro. Im Rahmen des diesjährigen Architektursommers präsentiert das Museum das Gesamtwerk des Architekten von Baurs Park, Joseph Jacques Ramée.