Köche als Fliesenleger freuen den Verbraucher

Handwerkskammern befürchten Qualitätsverlust nach Ende des Meisterzwangs. Verbraucher dürfen sich freuen

DÜSSELDORF taz ■ Das Handwerk bangt, doch die Verbraucher dürfen frohlocken. Seit Anfang diesen Jahres ist in 53 Handwerksberufen der Meisterzwang abgeschafft. Damit können jetzt auch Köche Fliesenleger werden. Doch was bei den europäischen Nachbarn üblich ist, führt hierzulande zu Bauchschmerzen.

Die Handwerkskammer zu Dortmund stellt für die vergangenen beiden Monate fest, dass etwa 200 von 300 Antragstellern für eine Betriebsgründung in den so genannten zulassungsfreien Handwerken keine Qualifikation haben, also weder einen Meister noch eine Gesellenprüfung abgelegt haben. In Düsseldorf liegt der Anteil nach Auskunft der Handelskammer bei etwa 80 von insgesamt 200 Anträgen. Der weitaus größte Teil davon wiederum möchte sich als Fliesenleger selbstständig machen. „Das liegt wohl daran, dass hierfür keine hohen Investitionskosten nötig sind und die Arbeitslosigkeit im Baugewerbe sehr hoch ist“, vermutet Ulrich Verlemann, Leiter der Abteilung Handwerksrolle der Handwerkskammer zu Dortmund.

Er fürchtet einen Qualitätsverlust, wenn Leute ohne Qualifikation einen Handwerksbetrieb gründen. Jürgen Schröder, Jurist bei der Verbraucherzentrale in NRW sieht das Ganze aus einem etwas anderen Blickwinkel: „Der Meister legt in aller Regel sowieso nicht selbst Hand an, von daher ist der Qualitätsverlust relativ.“ Außerdem würden durch den verstärkten Wettbewerb die Preise sinken. „Das ist für den Verbraucher ja nicht schlecht“, so Schröder.

Schlecht könnte aber sein, dass sich der Kunde in der Flut von Angeboten vielleicht nur noch bedingt orientieren kann. Das gibt zumindest Alexander Konrad, Pressesprecher der Handwerkskammer zu Düsseldorf zu bedenken: „Wir haben es mit Transparenzverlust zu tun.“ Schröder meint dazu, dass die Verbraucher stets differenzieren müssten, da es überall „Gute und Schlechte“ gäbe. Letztendlich würde sich nach den Marktgesetzen eben Qualität durchsetzen.

Weil Qualität eben ein Marktvorteil ist, versucht die Handwerkskammer zu Düsseldorf, mit Ausbildungsangeboten wie Einsteigerpaketen und Ausbildungseignerprüfungen Betriebsgründer zu motivieren, etwas für die Qualität ihrer Arbeit zu tun. „Die ersten Programme laufen bereits“, so Konrad. Mit den qualitätsfördernden Angeboten wolle man auch erreichen, dass sich die Betriebe länger am Markt halten und auch ausbilden können. „Viele handwerks-ähnliche Betriebe, bei denen ja auch kein Meisterzwang besteht, halten sich nur wenige Jahre am Markt“, sagt Verlemann.

In bereits etablierten Betrieben müssen Meister befürchten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Konrad gibt an, dass die Rechtsberatung der Handwerkskammer zu Düsseldorf etwa 200 Anfragen erhalten hätte, aus denen sich schließen ließe, dass angestellte Meister entlassen werden sollen. Dennoch betont Konrad, dass die Handwerkskammer das Beste aus der Abschaffung des Meisterzwangs machen will. Letztlich entscheidet der Verbraucher über das Schicksal der Handwerksbetriebe ohne Meisterbrief. ELLEN REGLITZ