UNO untätig gegen Milizen

Lokale Milizen verwüsten das kongolesische Bunia nach Abzug von Ugandas Armee. Übergabe der Stadt an UNO und Kongos Polizei sollte Testfall für den Frieden sein

BERLIN taz ■ Im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo bahnt sich die erste große Bewährungsprobe für die entstehende Friedensordnung an. Seit Ugandas Armee Anfang der Woche ihren Abzug aus der Stadt Bunia beendete, wird die Stadt von Milizen des Lendu-Volkes verwüstet, ohne dass die zur Ablösung der Ugander entsandten UN-Soldaten und Polizisten der kongolesischen Regierung eingreifen. Die Lendu-Milizen hätten die Kontrolle über das Stadtzentrum übernommen und „plündern systematisch vor den Augen der UN-Beobachter und der Polizei aus Kinshasa“, sagte Anneke van Woudenberg von der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ gestern der taz.

Die 400 UN-Soldaten und 700 kongolesischen Polizisten seien „komplett in der Unterzahl“ und nicht in der Lage, Übergriffe der Milizen zu unterbinden. Diese seien in Bunia im Begriff, Zivilisten des Hema-Volkes zu jagen – seit 1999 bekämpfen sich in diesem Teil des Kongo Milizen der Lendu- und Hema-Völker. „Milizen rennen durch die Stadt und singen: Wir werden die Hema finden, wir werden die Hema töten, wir werden die Hema essen“, so Woudenberg unter Berufung auf lokale Menschenrechtler. Wie viele Tote es gibt, ist nicht bekannt.

Uganda hatte Bunia am 6. März erobert und dort eine pro-ruandische Hema-Bewegung vertrieben. Dann einigte Uganda sich mit Kongos Präsident Joseph Kabila, abzuziehen und die Stadt sowie die umliegende Region Ituri der Regierung des Kongo zu überlassen. Die am 24. April begonnene Entsendung von Polizisten aus Kinshasa in UN-Flugzeugen nach Bunia war in diesem Rahmen der erste Versuch, auf friedlichem Wege ein kongolesisches Rebellengebiet wieder der Autorität der Zentralregierung zu unterstellen – ein mögliches Modell für die Wiedervereinigung des gesamten Landes. Es geht nun offenbar schief.

In Bunia stehe der Ruf der UNO auf dem Spiel, kommentierte gestern Ugandas Regierungszeitung New Vision und verlangte eine afrikanische Friedenstruppe. Bisher stehen in Bunia UN-Soldaten aus Uruguay; sie können keine in der Region gebräuchliche Sprache und dürfen nur in Selbstverteidigung schießen – das bringt wenig im Umgang mit Mörderbanden.

Zugleich ist unklar, ob die UN-Mission in Bunia fliehenden Zivilisten Schutz gewährt. Tausende Hema haben sich auf das UN-Gelände im Stadtzentrum sowie auf den UN-kontrollierten Flughafen geflüchtet; tausende weitere gehen zu Fuß den abziehenden ugandischen Truppen hinterher. Etwa 12.000 sollen bereits Uganda erreicht haben. Damit wächst die Gefahr, dass der Konflikt zwischen Hema und Lendu ugandisches Gebiet erreicht. Nach ugandischen Zeitungsberichten haben Lendu-Milizen aus dem Kongo bereits mehrfach ugandische Dörfer angegriffen. DOMINIC JOHNSON