Umweltminister schwimmt im Emsstau

Mehrkosten und Planungsfehler beim Bau des Emssperrwerkes begründet Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) mit „politisch motiviertem Verfahren unter Zeitdruck“. Sperrwerksgegner bemängeln eine fehlende Betriebskostenrechnung

„Das Sperrwerk ist seit einem Jahr in Betrieb, und die Behörde weiß nicht, was das kostet“

von Thomas Schuhmacher

„Meiner Ansicht nach hat die alte Landesregierung ein falsches Verfahren angewendet“, wiegelte der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) gestern im Landtag in Hannover eine Anfrage der Grünen ab. Die Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Hans Joachim Janssen hatten genau wissen wollen, warum sich das vor über einem Jahr fertig gestellte Emssperrwerk bei Gandersum/Emden um etwa 60 Millionen Euro verteuert hatte. Die Planungen seien unter der alten SPD-Landesregierung durchgeführt worden, betonte Sander. „Wir wissen alle, dass der Bau des Emssperrwerkes ein politisch motiviertes Verfahren war, das unter Zeitdruck abgewickelt wurde.“ Verantwortlich dafür sei „nicht die heutige Landesregierung“, sagte der Minister weiter – verschwieg aber, dass sich der Papenburger Bundestagsabgeordnete Rudolf Seiters (CDU) kräftig dafür eingesetzt hatte.

Durch Planungsfehler und Nachbesserungen hätten sich Mehrkosten in Höhe von 6,6 Millionen Euro ergeben, sagte Sander. Erweiterte Baumaßnahmen, wie die Verlegung der Fahrrinne in der Ems und zusätzliche Schiffsliegeplätze hätten 9,4 Millionen Euro mehr als veranschlagt gekostet. Der gerichtlich verfügte einjährige Baustopp kostete die Steuerzahler durch steigende Material- und Gerätestillstandskosten gar 17,85 Millionen Euro (die taz berichtete).

Bei genauerem Nachhaken kam Minister Sander dann ganz schön ins Schwitzen. So gibt es immer noch keine konkrete Berechnung, wie teuer der Betrieb des Sperrwerkes eigentlich ist. „Ich bin entsetzt über diese Unfähigkeit. Das Sperrwerk ist seit gut einem Jahr in Betrieb, und die Behörden wissen nicht, was sie das kostet“, schimpfte die Grüne Janssen-Kucz. Sperrwerksgegner bemängeln seit Jahren eine fehlende Betriebskostenrechnung. Im Prinzip gebe „der Minister zu, dass die planende Behörde, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWK), von Anfang an das umstrittene Emsprojekt schön gerechnet“ habe. „Und die neue Landesregierung schlampt!“ ärgerte sich Janssen-Kucz.

Gänzlich indisponiert war der Minister bei der Beantwortung der Frage, wer denn die aktuellen Baggerungen in der Ems zu bezahlen hat. Sander: „Das ist Bundes-Sache.“ „Falsch“, sagt Janssen-Kucz. Denn: „Der Bund zahlt nur die Unterhaltungsbaggerungen, die nötig sind, die Bundeswasserstraße auf eine Tiefe von 6,30 Meter zu bringen. Jetzt ist aber viel tiefer gebaggert worden, damit das nächste Schiff der Papenburger Meyer-Werft durch die Ems fahren kann“, so die Grünen-Abgeordnete Jansen-Kucz. Die Kosten für diese tieferen Baggerungen müsse schließlich das Land tragen.

Tatsächlich will die Meyer-Werft Anfang April den Luxusliner „Jewell of the Sea“ an die Küste bugsieren. Für solche Fälle und für den Hochwasserschutz war das Sperrwerk geplant worden. „Seit drei Monaten baggern die hier wie die Weltmeister“, beschweren sich Emsanrainer.

Mit vier Baggerschiffen wird die Ems derzeit für die Schiffsüberführung vertieft. Sie habe „die Polizei darauf hingewiesen, dass hier eventuell mit illegalen Methoden gebaggert wird. Dabei wurde uns immer erzählt, wenn erst das Sperrwerk gebaut ist, braucht die Ems durch die vielen Baggerungen nicht mehr gequält zu werden“, sagt Elfriede Orlog aus Midling-Mark an der Ems zur taz. Was die Meyer-Werft an Gebühren für die Überführung zu zahlen hat, wusste Minister Sander den Grünen auch nicht zu beantworten.

Umweltverbände hatten auf ihre Klage gegen die ständigen Emsvertiefungen verzichtet, nachdem das Land ihnen zugesagt hatte, eine Stiftung mit fünf Millionen Euro zu gründen. Diese Stiftung sollte Projekte zu Renaturierung der Ems finanzieren. Sie ist auch nach mehr als fünf Jahren noch nicht eingerichtet.

Völlig hilflos gab sich der Umweltminister auf die Frage nach der Zukunft des Hafens der kleinen Stadt Weener an der Ems. Der Hafen verschlickt wie die Häfen in Leer und Papenburg auch. Schuld sind die ständigen Baggerungen und die damit verbundene Erhöhung der Fließgeschwindigkeit des Flusses. Beide Faktoren erhöhen den Schlickanteil im Wasser. Deshalb geht der Ems regelmäßig die Luft aus, Fischsterben ist die Folge. Aber der Schlick schlammt auch die Häfen zu. Sander: „Wir wissen für den Hafen Weener keine Lösung. Aber Geld für eine Hafenreinigung bekommt Weener nicht.“