Shopping mit Hans Eichel

Der Finanzminister muss jetzt mit noch höheren Steuerausfällen rechnen: Steuerschätzer prognostizieren ein Minus von bis zu 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2007. Kanzler stützt Eichel

BERLIN taz ■ Die Finanzlage des deutschen Staates verschlechtert sich nach jüngsten Prognosen dramatisch. Zwischen 2003 und 2007 fließen rund 50 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen, als noch vor einem Jahr erwartet. Das wurde gestern aus Kreisen der Steuerschätzer aus Bund, Ländern und Forschungsinstituten bekannt, die ab heute beraten. Allein in diesem Jahr fehlen in den deutschen Staatshaushalten zusätzlich rund 10 Milliarden Euro. Mit ihrer Einschätzung schaffen die Experten die Grundlagen für die Aufstellung des Bundeshaushalts 2004 und die mittelfristige Finanzplanung des Bundes. Finanzminister Hans Eichel wird ihre Ergebnisse am Donnerstag offiziell vorstellen. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz sprach sich gegen ein neues Sparprogramm aus, das die Finanzlöcher schließen könnte. Verschiedene Vorschläge zur Erhöhung der Einnahmen wurden von Scholz so schnell verworfen, wie sie formuliert worden waren. Weder eine höhere Mehrwertsteuer noch zusätzliche Abgaben auf Nacht- und Sonntagsarbeit kämen in Frage.

Dietrich Austermann (CDU) sagte, die Bundesregierung könne 5 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen, wenn sie den „Umsatzsteuerbetrug“ bekämpfe. Außerdem solle Eichel den Gewinn der Bundesbank zur Deckung des Defizits verwenden.

Rot-Grün hat sich derweil damit abgefunden, viel mehr Schulden zu machen. Während Eichel ursprünglich nur 18,9 Milliarden Euro neue Kredite aufnehmen wollte, könnte er bald die doppelte Summe benötigen.

Wann Eichel, wie gegenüber der EU versprochen, ohne neue Haushaltskredite auskommt, konnte sein Sprecher gestern nicht sagen. Wegen der schlechten Wirtschaftslage sei „ein genauer Zeitplan schlechterdings nicht möglich“. Das Ziel, den Staatshaushalt bis 2006 nahezu auszugleichen, hat Eichel am Wochenende offiziell aufgegeben.

In Berlin gab es am gestrigen Montag weiter Spekulationen über eine mögliche Ablösung von Hans Eichel. Kanzler Gerhard Schröder trat diesen während seines Besuches in Malaysia entgegen. Es gebe keinen Zweifel daran, dass der Finanzminister bis zum Ende der Legislaturperiode 2006 im Amt bleibe, sagte Schröder. Er verstehe die ganze Aufregung nicht: „Es gibt keine Diskussion um Hans Eichel, sondern eine Diskussion, die Hans Eichel angestoßen hat.“

Auch das SPD-Präsidium in Berlin stellte sich hinter den Haushaltskurs von Eichel. Die Rücktrittsforderungen an den Finanzminister seien in der Sitzung nicht einmal erörtert worden, sagte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz. H. KOCH, J. KÖNIG

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