Christiania bald ein bisschen legal

Rechtskonservative dänische Regierung verwirft Pläne für das Plattmachen des Freistaats in Kopenhagen und setzt nun auf Legalisierung statt Normalisierung

KOPENHAGEN taz ■ Nach monatelangem Säbelrasseln hat die Regierung in Kopenhagen am Freitag ihre Strategie zum Freistaat Christiania geändert. Der Freistaat dürfe „etwas anders“ bleiben, erklärten Finanzminister Thor Pedersen und Wirtschaftsminister Bendt Bendtsen. Legalisierung statt Normalisierung sei jetzt die Linie. Die Pläne, Christiania zum normalen Viertel der dänischen Hauptstadt zu machen, scheinen damit vom Tisch. Übrig bleiben einige konkrete Maßnahmen und Forderungen: Der Haschischhandel müsse verschwinden, etwa 20 Häuser, die gegen Bauvorschriften verstoßen, sollen abgerissen werden und die Bewohner Miete zahlen. Im Gegenzug werde die demokratische Selbstverwaltung auch künftig respektiert.

„Einiges davon klingt richtig gut“, kommentiert Peter Post von der Christiania-Kontaktgruppe den Schwenk der Regierung. Er stört sich aber an Formulierungen wie: Es müsse in Christiania in Zukunft „vieles anders“ werden. „Dahinter kann sich viel verstecken.“ Und auch den angekündigten Abriss versteht er als „Strafaktion“. Kopenhagen will für den Abriss eine Frist von 5 Jahren einräumen und bietet den BewohnerInnen Ersatzwohnraum an. Den zeitlichen Spielraum hofft man in Christiania für ein „Sanierung statt Abriss“-Modell nutzen zu können.

Der Entschluss der Regierung, ihre harte Linie – völlige Zerschlagung der Christiania-Strukturen und Umwandlung in ein lukratives Wohngebiet für Gutbetuchte – nicht weiterzuverfolgen, dürfte mehrere Gründe haben. Einer ist der sozialdemokratische Oberbürgermeister Kopenhagens, Jens Kramer Mikkelsen. Er hatte sich gegen die Pläne ausgesprochen und für ein von den BewohnerInnen entwickeltes Fondsmodell, mit dem die Eigentums- und Mietrechte auf dem früheren Kasernengelände legalisiert werden sollen. Er forderte aber ebenfalls einige Änderungen, vor allem was den stationären Haschhandel betrifft. Der ist nach Abriss der Verkaufshütten nicht verschwunden, sondern lebt in mobilerer Form weiter. Ein anderer Grund dürften die katastrophalen Umfragewerte für die konservativ-rechtsradikale Regierung sein: Wären jetzt Wahlen, würde sie von den Sozialdemokraten in die Opposition verdrängt. REINHARD WOLFF