Schadensbilder

Wissenschaftler wollen das bröckelnde Lübecker Rathaus retten. Lösung wäre für den ganzen Norden von Interesse

Lübeck dpa ■ Das Lübecker Rathaus ist ein Fall für die Forschung. Wissenschaftler suchen nach Möglichkeiten, die vom Verfall bedrohte Marktfassade des mittelalterlichen Baus zu retten. „Wir suchen nach einer Art Lack, damit die Fassade vor Witterungseinflüssen geschützt ist“, sagt der Leiter des Fachbereichs Denkmalschutz und Materialkunde des Deutschen Bergbau-Museums in Bochum, Stefan Brüggerhoff.

Als die Lübecker im 15. Jahrhundert den südlichen Anbau des Rathauses, den so genannten Kriegsstubenbau, errichteten, verwendeten sie für die gesamte Fassade dunkelgrün glasierte Ziegel. Diese Glasur ist jetzt an vielen Stellen abgeplatzt, es sind schon Teile herabgefallen. Über die Gründe könne bislang nur spekuliert werden.

Der Restaurator Jochen Seebach aus Emkendorf bei Kiel hat die Fassade untersucht und kartiert. „Es gibt hier zwei Schadensbilder, die ich noch an keinem anderen Gebäude gefunden habe“, sagt Seebach. Für den Lochfraß in der Glasur macht er in erster Linie Luftschadstoffe verantwortlich. „Dafür spricht, dass diese Schäden nur an der oberen Fassade auftreten, die diesen Einflüssen ungehindert ausgesetzt sind. Die an der ganzen Fassade zu beobachtende Flinsenbildung, bei der in der Glasur Blasen entstehen, könnte dagegen eine Folge eines Brandes sein“, erläutert Seebach. Mittlerweile seien rund 1.200 Ziegel so stark geschädigt, dass sie ausgetauscht werden müssen. Bei weiteren 1.200 müsse ein Glasurersatz aufgetragen werden, schätzt er. „Er muss sich sowohl mit den Ziegeln als auch mit der vorgeschädigten Glasur vertragen“, gibt Brüggerhoff zu bedenken.

Rund 200.000 Euro wird das Forschungsprojekt nach Angaben Seebachs kosten, davon übernimmt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt 88.000 Euro. Deren Generalsekretär Fritz Brickwedde sagt, das Lübecker Forschungsprojekt werde auch anderen geschädigten Baudenkmälern helfen. „Weil die Ziegelglasur für Norddeutschland typisch ist, werden die Resultate der Wissenschaftler auf breites Interesse stoßen.“

Eva Maria Mester