heute in bremen
: „Suche nach Wahrheit“

Ein Literatur-Abend widmet sich der Schweizer Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach

taz: Frau Wittek, Annemarie Schwarzenbach hätte in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag gefeiert. Warum sollten wir uns heute mit ihr beschäftigen?

Susanne Wittek, Schwarzenbach-Biografin und Leiterin der Hamburger Initiative Literatur: Wir können von ihr lernen. Als Schriftstellerin, Journalistin und Fotografin war sie eine schillernde Persönlichkeit. Gegen große gesellschaftliche und familiäre Widerstände erkämpfte sie sich ein selbstbestimmtes Leben. Dafür nahm sie ein Dasein als Außenseiterin in Kauf. Der oberflächliche Opportunismus, der uns heute überall wieder begegnet, interessierte sie nicht. Annemarie Schwarzenbach verschrieb sich ganz der Suche nach Wahrheit.

War sie Feministin?

Sie war sehr emanzipiert, aber keine Kämpferin für eine politische Ideologie. Vieles von dem, was sie sich herausnahm – freie Berufswahl, politisches Engagement, sexuelle Selbstbestimmung –, ist für Frauen heute selbstverständlich. Zu ihrer Zeit war das unerhört, erforderte großen Mut.

Schwarzenbach kehrte dem faschistischen Europa auf ihren Reisen immer öfter den Rücken zu. Welchen Beitrag leistete sie zur Exilliteratur?

Als Schweizerin war sie niemals gezwungen, ins Ausland zu gehen. Der Nationalsozialismus bedeutete also keine unmittelbare Bedrohung für sie. Dennoch solidarisierte sie sich mit ihrem antifaschistischen Umfeld. Dabei wurde eine wichtige Funktion bisher zu wenig beachtet: Von Schwarzenbach stammt die Idee zur Gründung der bedeutenden Exilzeitung „Die Sammlung“, die von Klaus Mann herausgegeben wurde. Int.: Steven Heimlich

19 Uhr, Wall-Saal der Zentralbibliothek