Renate Schmidt und die Airportkinder

Die Fraport AG, sonst wegen des Baus einer Landebahn gescholten, erhält Lob – für ihre Frauen- und Familienförderung

FRANKFURT/MAIN taz ■ Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport AG, die für eine weitere Landebahn ein besonders von Familien mit Kindern geschätztes Naherholungsgebiet platt machen will, betreibt seit mehr als zehn Jahren eine „vorbildliche Frauen- und Familienförderungspolitik“. Das Lob kam gestern von Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) und also von höchster Stelle. Die Ministerin ließ es sich auch nicht nehmen, zur Mittagszeit das neueste Projekt der innovativen Familienpolitik des Unternehmens, das „Fluggi-Land“, zu besuchen. Die Betreuungseinrichtung für Kinder von einem bis zu 12 Jahren wird von der Fraport-Tochtergesellschaft Medical Service GmbH fast rund um die Uhr betrieben – von 6 bis 22 Uhr und an 365 Tagen im Jahr.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraport AG können dort anrufen und von einem auf den anderen Tag einen Platz für ihr Kind buchen. Die Betreuung kostet fünf Euro pro Tag und 2,50 Euro für jede Mahlzeit. „Fluggi-Land“ sei allerdings kein Ersatz für einen Kindergarten oder -hort, sagt die Vorstandsbeauftragte für Chancengleichheit bei der Fraport AG, Martina Rost, die bis vor zwei Jahren noch als „Frauenbeauftragte“ firmierte. Das Unternehmen gehe damit auf problematische Lebenssituationen von Beschäftigten ein, „wenn etwa andere Betreuungseinrichtungen ausfallen und ‚kleine Katastrophen‘ über das Kind und seine Eltern hereinbrechen“. Das Angebot werde von Eltern oder allein erziehenden Vätern oder Müttern dankbar angenommen, so Rost.

Und wo liegt „Fluggi-Land“? In Kelsterbach am Waldrand – nur ein paar Kilometer Luftlinie von der Trasse der geplanten neuen Landebahn entfernt.

Zu den Fraport-Angeboten an Mitarbeiter gehört nicht nur die Kinderbetreuung. Über Betriebsvereinbarungen werden Teilzeit- und Telearbeit gefördert. Und es gibt spezielle Wiedereinstiegsprogramme nach der „Elternzeit“. Der Vorstand hat ein „Chancengleichheitsprogramm“ aufgelegt und sich verpflichtet, „Frauen zu Führungsverantwortung zu motivieren“, so Arbeitsdirektor Herbert Mai. Und das alles zahlt sich auch noch aus. Die Prognos AG jedenfalls hat ausgerechnet, dass die Fraport AG aufgrund ihrer „familienfreundlichen Maßnahmen“ Jahr für Jahr rund eine Million Euro einspare. Die höhere Motivation der Beschäftigten, die geringeren Krankenstände, die geringe Fluktuationsrate der gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die im Endeffekt besseren Arbeitsergebnisse – das alles führe zu einer „Win-Situation“ für die Frankfurter Flughafengesellschaft.

Die Vielfalt der Maßnahmen, konstatierte die Familienministerin, „strahle auch auf andere Unternehmen aus“. Kurz vor der Abfahrt ins „Fluggi-Land“ gab es für die Manager von Fraport aber noch ein wenig ministerielle Kritik. Die Frauenförderung sei exzellent, aber der Frauenanteil bei den Beschäftigten lasse doch zu wünschen übrig: schlappe 18 Prozent. Schmidt empfahl die Teilnahme am „Girls Day“.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT