verpasst?
: Am Grabbeltisch

„Lesen!“, verspätet nach dem DFB-Pokalhalbfinale, 22.30 Uhr, ZDF

Dass Literaturpäpstin Elke Heidenreich mit ihrer Empfehlung den Esoterik-Großhändler Eric-Emmanuel Schmitt allzu dauerhaft auf die Spiegel-Bestseller-Liste hievte: geschenkt. Auch dass sie weiterhin biedermeierlich samtrot gewandet und mit Brosche geschmückt in „Lesen!“ ihre liebsten Bücher recht gouvernantenhaft anpreist: na gut, von uns aus.

Kein Schwämmchen drüber aber soll dafür gelten, wenn die leidenschaftliche Lesetippgeberin zur Kitschhaubitze mutiert und Bücher mit vom Munde abgesparten Lebensweisheiten lobhudelt. „Zu viel Liebe kann auch erdrücken“, heißt es dann, oder auch: „So viel Humor steckt da drin – wenn man das liest, ist man ganz glücklich.“ Beziehungsweise: „Dieser Ton macht den Roman zu etwas ganz Kostbarem.“ Pfui Spinne. Auch eher lästig: das inflationäre Aufkommen von Grabbeltisch-Adjektiven. „Wunderbar, großartig“, flötet Frau Heidenreich in einem fort, und da hilft natürlich nur noch eins: nix wie wegschalten und selber Bücher aussuchen.

MARTIN WEBER