Ehemalige UÇK-Kämpfer warnen UN-Mission

Mitglieder der früheren Befreiungsarmee des Kosovo drohen angesichts der Verhaftung von 193 Albanern nach den Ausschreitungen von vergangener Woche mit erneuter Eskalation. Zwei Tote bei Beschuss einer UN-Patrouille

PRIZREN taz ■ In Zusammenhang mit den schweren Ausschreitungen letzte Woche, bei denen es 28 Tote gab, sind im Kosovo in den vergangenen Tagen nach Angaben der KFOR 193 militante albanische Demonstranten verhaftet worden. In Prizren erklären Mitglieder des Verteranenverbandes der ehemaligen Kosovo Befreiungsarmee UÇK, „die Situation könne eskalieren, wenn wahllos verhaftet würde.“ Weiter bestreiten sie, die Aktionen gegen serbische Wohnungen, Häuser und Einrichtungen sowie gegen Gebäude der UN-Mission geleitet zu haben.

Zafir Berisha, Vorsitzender des Veteranenverbandes der UÇK in Prizren und Abgeordneter im Stadtparlament für die Demokratische Partei Kosova (PDK), verweist im Zusammenhang mit den Verhaftungen der letzten Tage auf die Erfahrungen vor dem Krieg Ende der 90er-Jahre im Kosovo. Als die serbische Polizei tausende von Albanern verhaftete, seien zehntausende von Albanern mobilisiert worden, „jeder Verhaftete hatte eine Großfamilie hinter sich, die sich solidarisch zeigte.“ Wenn jetzt wieder eine Verhaftungswelle beginne, müsste die UN-Mission mit Solidarisierungen der Bevölkerung rechnen.

In Prizren habe die Festnahme eines Sohnes des ehemaligen regionalen UÇK-Kommandeurs Selim Krasniqi vor 14 Tagen zu Spannungen geführt. Der Veteranenverband habe am 16. März in vielen Städten des Landes friedliche Protestdemonstrationen gegen die Verhaftung drei anderer Ex-UÇK-Mitglieder organisiert. Gleichzeitig habe man gegen die Straßenblockaden von serbischen Demonstranten südlich von Prishtina und die lasche Haltung der UN-Mission protestieren wollen. Der Veteranenverband hätte weitere friedliche Demonstrationen gegen die Politik der UN-Mission durchführen wollen, da diese zur Stagnation im Lande geführt habe.

Als dann die Nachricht von den drei im Fluss ertrunkenen Kindern kam, sei es am nächsten Tag zu spontanen Demonstrationen in Mitrovica gekommen. Der Funke sei nach dem Tod von sechs albanischen Demonstranten auf ganz Kosovo übergesprungen und habe auch in Prizren zu Ausschreitungen geführt.

Der Veteranenverband und er selbst, so Zafir Berisha, habe in Prizren mitten in der Demonstration versucht, gegen den Vandalismus vorzugehen. Doch die Demonstration sei nicht zu kontrollieren gewesen, es seien viele Menschen gekommen, auch aus den Dörfern, auf die er keinen Einfluss habe ausüben können. „Wir haben versucht, die Leute davon abzuhalten, die orthodoxe Kathedrale in Brand zu setzen, und sogar vier ältere Serben vor dem Mob gerettet,“ erklärte Isa Berisha, ein weiteres Mitglied des Veteranenverbands.

Am zweiten Tag der Demonstrationen habe das „Kosova-Schutzkorps“, die offiziell zugelassene Militärorganisation des Kosovo, eingegriffen und eine weitere Eskalation verhindert, behaupten die Veteranen. „Das zeigt, dass die ehemalige UÇK Autorität im Volk genießt.“ Ex-UÇK-Kommandeur Agim Ceku, so bestätigte der Chef des Pressebüros der KFOR, Oberst Pieper, verfüge nach Gallup-Umfragen über 80 Prozent Zustimmung bei der Bevölkerung.

Die politische Strategie der Veteranen zielt offenbar auf eine Konfrontation mit der Unmik, während sie die Truppen der KFOR mit Ausnahme der Franzosen in Mitrovica schonen will. Anzeichen dafür ist, dass bei den Demonstrationen nur UN-Fahrzeuge zerstört und Unmik-Personal angegriffen wurde. KFOR-Fahrzeuge und jene von UN-Hilfsorganisationen, so von UNHCR, wurden offenbar bewusst verschont. In der Nacht zum Mittwoch wurden auf der Straße Podujevo–Prishtina zwei Unmik-Polizisten erschossen, es handelt sich um einen Albaner und einen Ghanaer. Die Täter sind unbekannt.

ERICH RATHFELDER