Eine Störung des Schulfriedens

Das Landgericht Oldenburg bestätigte die Bewährungsstrafe gegen eine Schulleiterin, die eine Schülerin gegen eine Garderobe geschubst und hinterher unter Druck gesetzt hatte, ihre Strafanzeige zurückzuziehen

Eine Schülerin wird patzig zur Schulleiterin und macht vielleicht auch einen wütenden Schritt auf sie zu. Die Rektorin schubst sie zurück, das Mädchen taumelt gegen eine Garderobe und stößt sich am Kopf. Eine Beule bleibt. „Wenn es nur das gewesen wäre und Sie sich entschuldigt hätten, wäre aus der Geschichte nichts geworden“, sagte Dietrich Janßen, Richter am Landgericht Oldenburg, am Montag bei der Urteilsverkündung zur Angeklagten T.

Zwei Freundinnen überredeten das damals sechzehnjährige Opfer, Anzeige zu erstatten. Doch am nächsten Morgen erwartete T. die drei Mädchen schon an der Tür der Cloppenburger Haupt- und Realschule. Sie kündigte an, ihnen „das Leben zur Hölle“ zu machen, drohte mit schlechten Noten und Schulverweis und zeichnete ein Horrorszenario, das sie bei der Polizei angeblich erwarteten würde: vom Lügendetektor-Test bis zur psychiatrischen Untersuchung. Eingeschüchtert zog die Schülerin die Anzeige zurück.

Es war der Beratungslehrer der Schule, Michael von Klitzing, der Monate später zur Polizei ging und damit den Stein erneut ins Rollen brachte. Er selbst handelte sich damit erst den Verlust seines Beratungslehrer-Mandats und dann eine Strafversetzung „wegen Störung des Schulfriedens“ ein, erzählt der Lehrer nach dem Prozess. Das Opfer musste bis zum Ende seiner Schulzeit damit leben, als Lügnerin zu gelten. Die 54-jährige Angeklagte wurde unterdessen von der kommissarischen Schulleiterin zur Rektorin befördert.

Erst 2007, mehr als drei Jahre nach dem Vorfall, verurteilte sie das Amtsgericht Cloppenburg zu moderaten acht Monaten Haft auf Bewährung wegen Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung im Amt.

Im Berufungsverfahren bestätigte das Landgericht nun das Cloppenburger Urteil. Das Gericht verwarf die Version der Angeklagten, von Klitzing habe mit den Mädchen und der Schulsozialarbeiterin ein Komplott gegen sie geschmiedet und den Schubserei-Vorwurf erfunden. Die Aussagen der Zeuginnen beschrieb Janßen als „detailreich, stimmig und konstant“.

Außerdem habe das Gerücht von der Schubserei bereits am nächsten Tag die Runde in der Schule gemacht. Die Rektorin könne davon nicht überrascht gewesen sein, denn sie habe sich bei keinem Kollegen erkundigt, was ihr eigentlich vorgeworfen wurde. Im Gegenteil habe die Angeklagte noch versucht, die Sozialarbeiterin, die den Vorfall mitgehört hatte, ebenfalls unter Druck zu setzen. Die Verteidigung behielt es sich vor, Revision gegen das Urteil einzulegen. ANNEDORE BEELTE