Der Jude in der SS

Bewacher, Beschützer: Im Literaturhaus Berlin stellt Anita Kugler heute Abend die bizarre Biografie von Eleke Scherwitz vor

Scherwitz. Der jüdische SS-Offizier. Lesung von Anita Kugler, anschließend Gespräch mit Julius Schoeps. Literaturhaus Berlin, Fasanenstraße 23. Mittwoch, 31. März, 20 Uhr. Eintritt: 5/3 Euro

Seit vier Jahren warten wir nun auf Anita Kuglers Buch, jetzt ist es fast fertig: ihre Biografie über Eleke Scherwitz, den jüdischen SS-Untersturmführer und KZ-Kommandanten in Lettland. Er leitete ein Lager in Riga, in dem Luxusgüter für SS-Offiziere hergestellt wurden – und in dem es alles gab außer der Freiheit. Die bei ihm beschäftigten jüdischen Handwerker nannten ihn „Chaze“, Beschützer. Nach dem Krieg begann er in der US-Besatzungszone eine antifaschistische Karriere in Süddeutschland, bis ihn seine Vergangenheit einholte.

Er soll 1944 drei jüdische Häftlinge auf der Flucht erschossen haben. 1950 wird er wegen Totschlags zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, die „Tötung eigener Rassegenossen“ galt als besonders verwerflich. Heute fordern ehemalige Häftlinge des Lagers seine Rehabilitierung, auch solche, die ihn damals belastet haben. „Verstörend von der ersten bis zur letzten Zeile“, verspricht der Verlag. Sieht ganz danach aus. Erscheinen wird das Buch der langjährigen taz-Redakteurin für Zeitgeschichte erst im Mai. Darum wird es auf der Veranstaltung der Jüdischen Volkshochschule auch noch keine Buchvorstellung geben, sondern eine Lesung und ein Gespräch Kuglers mit Julius H. Schoeps, dem neuen Kulturdezernenten der Jüdischen Gemeinde in Berlin. BZ