Neue Minderheitsregierung in Sri Lanka

Präsidentin Kumaratunga beendet mit der Ernennung eines neuen Premierministers die ungeliebte Kohabitation

DELHI taz ■ Mahinda Rajapakse ist gestern in Colombo als Premierminister vereidigt worden, nachdem ihn Präsidentin Chandrika Kumaratunga mit der Regierungsbildung beauftragt hatte. Er ist ehemaliger Fraktionschef von Kumaratungas „Sri Lanka Freiheitspartei“. Sie ist Teil der „Freiheitsallianz“ (FA), die am Sonntag mit 47 Prozent die Parlamentswahl gewann. Der 58-jährige Rechtsanwalt führt eine Minderheitsregierung, da die FA mit 105 Sitzen die Mehrheit von 113 verpasste. Die bisher regierende „Vereinigte Nationale Front“ (UNF) unter Ranil Wickremesinghe fiel von 109 auf 82 Mandate.

Sri Lankas Zeitungen führen Wickremesinghes Niederlage darauf zurück, dass er sich ausgerechnet in den vermeintlichen Wahltrümpfen – dem Friedensprozess und der wirtschaftlichen Gesundung – verstrickte. Offenbar hätten die städtischen Wähler das Gefühl, er sei mit der Friedenspolitik gegenüber der Tamilenguerilla LTTE zu weit gegangen. Und in den ländlichen Gebieten sei die UNF geschlagen worden, weil ihre Reformen zu Inflation und Subventionskürzungen geführt hätten.

Bei seinem ersten Auftritt sprach Rajapakse von der Notwendigkeit, den Friedensprozess in Gang zu halten. Dies ist auch die Absicht von Präsidentin Kumaratunga, die den vorzeitigen Abgang der bisherigen Regierung provoziert hatte und nach dem Sieg ihrer Partei nun wieder eine starke Exekutivrolle übernehmen dürfte. Sie ließ keinen Zweifel, dass die Festigung des Friedensprozesses und dessen Verankerung in einer neuen föderalen Verfassung Priorität hat. Die jetzt erwartete enge Zusammenarbeit zwischen der Präsidentin und ihrem Premier wird dies zweifellos erleichtern im Gegensatz zur bisherigen Kohabitation zwischen Kumaratunga und Wickremesinghe, bei der sich beide oft stritten. Allerdings sind die neuen Regierungspartner kaum bequemer.

So konnte die radikal-singhalesische „Janatha Vimukti Peramuna“ (JVP), die wichtigste Mitstreiterin in der Allianz neben Kumaratungas „Freiheitspartei“, ihre Sitze verdreifachen. Die JVP lehnt eine großzügige Autonomielösung zugunsten der Tamilen ab. Der Minderheitsstatus der Allianz zwingt Kumaratunga auch, auf die „Partei des Nationalen Erbes“ des buddhistischen Klerus zu hören, die acht Mönche ins Parlament brachte. Sie weigerte sich, der Koalition beizutreten, doch Kumaratunga könnte versuchen ihre Unterstützung mit dem Angebot des Posten des Parlamentspräsidenten zu sichern.

Auch die LTTE macht Druck. Sie verkündete, der Sieg der von ihr unterstützten „Tamilischen National Allianz“ beweise, die Tamilen würden geschlossen hinter der Forderung nach Anerkennung der LTTE als einziger Repräsentantin dieser Ethnie und der Annahme des LTTE-Vorschlags einer „Übergangsverwaltung der Selbstregierung“ stehen. Letzteres gleicht für viele Srilanker einer Unabhängigkeitserklärung. Der Rekordgewinn der TNA von 22 Mandaten hat allerdings den Makel, dass vier ihrer fünf siegreichen Kandidaten im Osten loyal zum Rebellenführer Karuna sind. Der sagte sich vor einem Monat von der LTTE-Führung im Norden los. BERNARD IMHASLY