Sachsen mit politischem Wasserschaden

Die sächsische Sozialministerin Christine Weber soll unberechtigt Fluthilfe erhalten haben. Noch ist sie im Amt

DRESDEN taz ■ Sachsens umstrittene Sozialministerin Christine Weber (CDU) bleibt vorerst im Amt. Ministerpräsident Georg Milbradt stellte sich in der Kabinettssitzung gestern hinter seine Ministerin, die für ihr Privathaus in Zschopau unberechtigt Fluthilfegelder erhalten haben soll. In dieser Affäre waren das prüfende Innenministerium und die Sächsische Aufbaubank gestern ebenfalls bemüht, Weber zu entlasten.

Der im Erzgebirge erscheinenden Freie Presse waren Vorwürfe zugespielt worden, die Ministerin habe in auffallender Eile Fluthilfe bewilligt bekommen, obgleich ihr Haus an einem Berghang liegt. Es scheint, als könne sich die wenig kommunikative Ministerin noch nicht einmal auf die Loyalität ihres eigenen CDU-Kreisverbandes verlassen.

Jedenfalls stellte Christine Weber ihren Schadensantrag am 1. Oktober, also mehr als sechs Wochen nach dem Hochwasser. Zu diesem Zeitpunkt war zwischen dem Bund und den betroffenen Ländern noch umstritten, welche Schäden von den Ausgleichszahlungen erfasst würden.

Die Sozialministerin vermerkte in ihrem Antrag einen Schaden durch Hangwasser infolge des Starkregens. Das Innenministerium konnte auch gestern den Verdacht nicht überzeugend ausräumen, Weber habe den Hilfeantrag eilig aus dem Insiderwissen herausgestellt, dass die Schadensdefinition absehbar enger gefasst werden würde. Die Aufbaubank genehmigte noch am 23. Oktober 10.000 Euro an Hilfsgeldern, obgleich das sächsische Innenministerium schon am 15. Oktober vom Bundesinnenministerium über den einheitlichen Schadensbegriff informiert worden war.

Die Aufbaubank rechtfertigte sich gestern: Man habe sich noch in einer Phase großen Zeitdrucks und eines gewissen Ermessensspielraumes befunden, sagte Bankchef Jochen von Seckendorf. Zwei Tage nach dem Bescheid für Weber erfolgte die endgültige Klarstellung, dass Hangwasserschäden nicht erstattet werden. Wegen der Genehmigung des ersten Antrags musste aber im April dieses Jahres auch noch ein Nachantrag wegen gestiegener Kosten über 7.344 Euro bewilligt werden.

Formal scheint die Ministerin derzeit nicht angreifbar. Die Affäre folgt jedoch eher dem Sprichwort „Man prügelt den Sack und meint den Esel“. Neben einigen anderen Kabinettsmitgliedern der Regierung Milbradt stand vor allem Christine Weber seit Monaten im Zentrum der Kritik. Thomas Jurk, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, forderte denn auch einen Rücktritt aus fachlichen Gründen. Konkret nannte er Fehlleistungen wie die Einschränkungen der Kinderbetreuung, die Finanzkatastrophe des Landeswohlfahrtsverbandes und das fehlende Ausführungsgesetz zum Bundesgleichstellungsgesetz.

Im eigenen Ministerium gilt die Ministerin als völlig isoliert. So ist eine hohe Personalfluktuation zu verzeichnen, auch die Pressesprecher bleiben nicht lange. PDS-Fraktionschef Peter Porsch forderte eine grundlegende Kabinettsumbildung.

MICHAEL BARTSCH