nahost-gipfel
: Diplomatie reicht nicht

Nun ist die Roadmap, die den Frieden in den Nahen Osten bringen soll, in Kraft. Der israelische Premier Ariel Scharon und sein palästinensischer Amtskollege Mahmud Abbas schüttelten einander sogar bereitwilliger die Hände als Jitzhak Rabin und Jassir Arafat 1993, als sie das Oslo-Abkommen besiegelten. Auf den ersten Blick ist der palästinensisch-israelisch-amerikanische Gipfel von Akaba ein Erfolg.

Kommentarvon YASSIN MUSHARBASH

Doch die Ähnlichkeit mit dem Oslo-Abkommen existiert nicht nur in der Bildersprache, sondern auch in der Konstruktion. Die Roadmap wiederholt einen der größten Fehler des Oslo-Abkommens: Wichtige Details bleiben ausgespart. Dieses Problem wird zutage treten, sobald die schönen Bilder der Friedensdiplomatie wieder denen des brutalen Alltags gewichen sind.

Von den Palästinensern nämlich verlangt die Roadmap als ersten Schritt die Abschaffung des Terrorismus – und schon dies, ganz am Beginn des Friedensprozesses, ist eine unlösbare Aufgabe. Den Israelis sind dagegen zunächst nur „vertrauensbildende Maßnahmen“ auferlegt – das ist angesichts der gewaltigen Vorleistungen der Palästinenser, die immerhin ihr politisches System renoviert haben, zu wenig und zu ungenau. Die vorhersehbare Folge: Die Festnahme einiger Aktivisten wird Israel nicht genügen. Scharon wird einige illegale Außenposten einiger illegaler Siedlungen räumen lassen, was aber die Palästinenser nicht zufrieden stellen wird. So wird jede Seite der anderen auch weiterhin Unwillen vorwerfen – und selbst beteuern, alles in ihrer Macht Stehende zu tun.

Dabei wäre aus dem Misserfolg des Oslo-Abkommens zu lernen gewesen, dass blumige Bekundungen des Friedenswillens niemandem nützen. Besser wäre gewesen, die Verhandlungen über die großen Probleme – Flüchtlinge, Jerusalem als Hauptstadt, den Grenzverlauf – sofort beginnen zu lassen und nicht erst frühestens 2004. Geholfen hätten auch kleine Schritte, deren Resultate überprüfbar sind und zugleich von der jeweiligen Gegenseite aus realen wie symbolischen Gründen als wichtig empfunden werden: Die Palästinenser streichen die antiisraelische Propaganda aus ihren Schulbüchern, dafür reißt Israel den Trennungszaun im Westjordanland wieder ein und entlässt die verhafteten Palästinenser.

Schon im Oslo-Abkommen wurde Diplomatie mit Politik und damit Wunsch und Wirklichkeit verwechselt. Dieser Fehler ist auch in der Roadmap angelegt. Und noch niemand ist in Sicht, der ihn korrigieren will.