berliner szenen Weißes Rauschen

Welt im Griff dank Saturn

Ja doch, die Stadt ist groß, aber sie ist keine ganze Welt. Und während ich die immer gleichen Straßen ablaufe, kommt mir folgendes Wort in den Sinn: Weltempfänger. Wenig später stehe ich im Kellergeschoß von Saturn am Alex und lasse mich in Sachen Kurz-, Mittel- und Langwelle beraten. Alle Kontinente für 40 Euro, da greife ich zu.

Zu Hause aber nur Rauschen. Kein afrikanischer Chorgesang und kein skandinavischer Elvisrock. Enttäuscht schaue ich raus auf die allzu nahen Wände gegenüber und lausche dem Knistern des Universums.

Am nächsten Tag steht ein anderer Verkäufer im Weltempfänger-Gang. „So konnte das ja nichts werden“, sagt er, während er einen kurzen Kennerblick auf meine Umtauschware wirft, „kommen Sie mal mit.“ Er führt mich zu einer Glasvitrine und erklärt mir freundlich die günstigeren der auf samtenen Stoffbahnen ruhenden Radios.

„Und die richtig teuren Geräte?“ frage ich noch, als ich mich nach langem Überlegen für „Grundig, den Klassiker, 160 Euro“ entschieden habe. „Für Freaks. Sie glauben gar nicht, was man hier alles erlebt. Viele Kunden sind doch verrückt. In acht Jahren hab ich hier alles gesehen. Besserwisser, Asoziale, verlorene Seelen.“

Ich frage mich, in welche Kundenkategorie er mich stecken wird. „Danke für Ihre Tipps und Ihre Geduld. Woanders gibt es ja schon ewig keine anständige Beratung mehr“, beeile ich mich zu sagen, was er knapp und treffend mit „Jawoll. Alles totes Gebiet“ quittiert. Beeindruckt räume ich das Feld, die kleine neue Welt unterm Arm, als er mir hinterherruft: „Und sagen Sie ruhig mal Bescheid, ob der Empfang jetzt gut ist.“ Ich freue mich auf das Wiedersehen.

ELINA KRITZOKAT