Menschenketten für den Abendmahltäter

Praktizierte Ökumene hat den Landpfarrer Bernhard Kroll seine Kirchenämter gekostet. Das erzürnt seine Schäflein

sfMÜNCHEN taz ■ Der, um den es geht, will lieber gar nichts mehr sagen. Während die Proteste gegen die Suspendierung des Pfarrers Bernhard Kroll durch die katholische Kirche über Pfingsten wieder lauter wurden, schwieg er selbst. Über seine Haushälterin ließ er ausrichten, dass er keine Interviews mehr geben wolle. Das habe er mit Walter Mixa, dem Bischof von Eichstätt, so vereinbart, „nach einem sehr langen und sehr ernsthaften Gespräch“.

Mixa hatte seinen Untergebenen einbestellt, nachdem Kroll während des Ökumenischen Kirchentags in Berlin an einer evangelischen Abendmahlsfeier in der Prenzlauer Berger Gethsemane-Kirche teilgenommen hatte. Das ist längst nichts Ungewöhnliches mehr. Pech nur, dass Kroll in vollem Ornat erschien und Fernsehkameras ihn dabei filmten, wie er eine Oblate schluckte und Wein dazu trank.

Das hat ihn nun seinen Pfarrersjob in der fränkischen Gemeinde Großhabersdorf gekostet. Bischof Mixa befand, dass sich Kroll den kirchenrechtlichen Straftatbestand einer „verbotenen Gottesdienstgemeinschaft“ zuschulden hat kommen lassen. Besonders verwerflich sei das, weil der Papst doch in seiner jüngsten Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ gemeinsame Mahlfeiern ausdrücklich untersagt hatte. Seine Suspendierung bekam Pfarrer Kroll stilvoll per Fax zugesandt. Darin wird ihm „Gelegenheit zur Neubesinnung gegeben“ – auf unbestimmte Zeit.

Bernhard Kroll war geschockt. Nach seiner Absetzung von allen kirchlichen Ämtern sprach er noch mit den Medien. Mitunter standen dem 41-Jährigen dabei Tränen in den Augen. Mit Sanktionen hatte er wohl gerechnet, „aber höchstens mit einer Abmahnung oder einer Beurlaubung“. Zumal Kroll vor dem Gottesdienst in der Gethsemane-Kirche keinesfalls als Revoluzzer aufgefallen war. „Dass Kroll in den überwiegend protestantischen Orten Großhabersdorf und Dietenhofen als katholischer Geistlicher die Ökumene pflegt, liegt auf der Hand“, sagte ein Pfarrerskollege aus der Region gegenüber der Süddeutschen Zeitung. „Er war aber in dieser Hinsicht bislang noch nie besonders aufgefallen, geschweige denn als Scharfmacher.“

So würde sich der gemütlich wirkende Kroll wohl auch selbst beschreiben. Bereuen kann er seine vermeintliche Untat nicht: „Gottesdienste, Hochzeiten und Taufen zusammen mit evangelischen Kollegen sind in meiner Gemeinde üblich. Die Zeit war reif, einen weiteren Schritt zu gehen. Ich würde es vielleicht nicht wieder in dieser Art machen.“

Doch offenbar hat er mit seiner mutigen Aktion den Nerv vieler Gläubiger getroffen. Nach jüngsten Umfragen wünschten sich mehr als 80 Prozent der katholischen Kirchenmitglieder ein gemeinsames Abendmahl. In einer Sendung des nicht eben als jung und progressiv geltenden Radiosenders Bayern 1 sprachen sich 90 Prozent der Hörer gegen eine Suspendierung aus. Und in Großhabersdorf bildeten zu Pfingsten 1.000 Gläubige eine Menschenkette von der evangelischen zur katholischen Kirche.

Allein – es nützt nichts. Pfarrer Kroll hat bereits angekündigt, seine Gemeinde, „in der ich mich so wohl gefühlt habe“, zu verlassen. So traurig und hilflos der Geistliche jetzt wirkt, so sehr vermittelt er in seinem ökumenischen Anliegen eine tief sitzende Beharrlichkeit. Die katholische Kirche schafft sich ihre gefährlichsten Gegner immer noch selbst. JÖRG SCHALLENBERG