Multimillionär angeklagt

Chinas schillerndster Millionär Yang Bin muss sich seit gestern wegen Korruption vor Gericht verantworten

PEKING taz ■ Chinas einst zweitreichster Privatunternehmer ist gestern wegen Betrugs und Bestechung in Shenyang vor Gericht gestellt worden. Als Meister des „Guanxi“ – der Beziehungspflege zu wichtigen politischen Persönlichkeiten – hatte der heute 40-jährige Yang Bin es als Sohn einer armen Nankinger Familie zu sagenhaftem Vermögen gebracht, das die Zeitschrift Forbes 2001 auf 900 Millionen Dollar schätzte. Yangs Aufstieg und Fall ist ein Lehrstück über Chinas wilden Kapitalismus unter kommunistischer Führung. Seine Aktivitäten reichten bis nach Nordkorea, wo er im September 2002 zum „Gouverneur“ einer Wirtschaftssonderzone ernennt wurde – zum Ärger der Regierung in Peking, die ihn darauf unter Hausarrest stellte.

Yang hatte 1987 in den Niederlanden ein Wirtschaftsstudium begonnen. Nach dem Tiananmen-Massaker 1989 erwarb er die holländische Staatsbürgerschaft. Seine ersten 10.000 Dollar investierte er in Textilgeschäfte zwischen den Niederlanden, Polen und China. 1994 kehrte er mit 20 Millionen Dollar nach China zurück. Mit dem Export von Orchideen und Schnittblumen vermehrte er das Vermögen seiner „Euro-Asia-Gruppe“, die an Hongkongs Börse gehandelt wurde. Bald kamen Immobiliengeschäfte hinzu.

Bei der Stadt Shenyang im Nordosten ließ er für 700 Millionen Dollar ein „Holland-Dorf“ bauen – mit Grachten, Windmühlen und einer Kopie des königlichen Schlosses. Das Dorf, Sitz seines Unternehmens, sollte Touristen und Investoren aus aller Welt anziehen – in eine Region, die für marode Staatsbetriebe, Massenarbeitslosigkeit und mafiöse Beziehungen zwischen Funktionären und Geschäftsleuten bekannt ist. Auch Yang wurde wohl mit Hilfe mächtiger Männer reich. Nun wird er beschuldigt, einen örtlichen Funktionär mit 20.000 Dollar bestochen zu haben. Eine lokale Grundstücksbehörde habe er mit 100.000 Dollar geschmiert. Auch soll er Steuern hinterzogen haben. Bei einer Gefängnisstrafe könnte er bald in die Niederlande abgeschoben werden. JUTTA LIETSCH