Old Europe macht Zicken im Sicherheitsrat

UN entscheidet über Immunität für US-Bürger vor Strafgerichtshof. Frankreich und Deutschland zögern mit Zustimmung

BERLIN taz ■ Das seit dem Irakkrieg angespannte transatlantische Verhältnis ist einer weiteren Belastungsprobe ausgesetzt. Heute wird der Weltsicherheitsrat entscheiden, ob die von den USA vor einem Jahr durchgesetzten Ausnahmen in der Zuständigkeit des neu geschaffenen Internationalen Strafgerichtshofes verlängert werden oder nicht. Die Resolution sieht vor, dass Teilnehmer an UN-Missionen, die aus Ländern kommen, die dem Statut über den Internationalen Strafgerichtshof nicht beigetreten sind, nicht ausgeliefert werden dürfen. Die entsprechende Resolution 1422 läuft am 1. Juli aus, die USA haben ihre Erneuerung beantragt. Außerdem erklärte der Rat damals seine Bereitschaft, die Gültigkeit der Resolution stets um weitere 12 Monate zu verlängern.

Die Resolution war einstimmig verabschiedet worden, nachdem die USA gedroht hatten, alle UN-Friedensmissionen per Veto zu verhindern. Heute könnte die Abstimmung spannender werden. Schon meldet dpa, Frankreich und Deutschland hätten vorab signalisiert, der Verlängerung nicht zuzustimmen. Das Auswärtige Amt erklärte diese Lesart auf Nachfrage der taz für verfrüht. Allerdings hatte es schon vor Wochen aus Regierungskreisen geheißen, man schwanke zwischen Ablehnung und Enthaltung.

Die Resolution, so hatten Menschenrechtsorganisationen und Unterstützer des Gerichtshofs schon vergangenes Jahr erklärt, erweitere in einzigartiger Weise die Kompetenzen des Weltsicherheitsrats – immerhin verändere das Gremium damit per einfachen Beschluss Sinn und Gehalt internationaler Abkommen, deren Wortlaut in jahrelangen Prozessen ausgehandelt, unterzeichnet und ratifiziert worden war. Amnesty international veröffentlichte im Mai 2003 eine ausführliche Studie zur Resolution 1422, nach der diese sowohl das Rom-Statut über den IStGH verletzt als auch die Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht. BERND PICKERT

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