Sucht-Selbsthilfe will Unter-35-Jährige ansprechen

Ein Kongress in Bonn diskutiert die Probleme der Sucht-Selbsthilfe. Gerade junge Menschen würden nur schwer erreicht

BONN taz ■ Wegen Kürzungen im Gesundheits- und Sozialsektor wird der Selbsthilfe Süchtiger immer mehr Raum beigemessen. Für die Selbsthilfegruppen ergeben sich daraus auch Probleme, die seit gestern auf der Konferenz „Sucht-Selbsthilfe im Spannungsfeld“ der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) in Bonn diskutiert werden. Rund 200 Experten aus dem gesamten Bundesgebiet sind gekommen.

Selbsthilfe würde häufig gefordert, um Kosten einzusparen, klagte zum Beispiel Christina Heinrich, DHS-Referentin für Nachsorge. So förderten die Krankenkassen die Selbsthilfe mit 24,5 Millionen Euro im Jahr 2003. Wöchentlich treffen sich in Deutschland laut Heinrich rund 120.000 Menschen in 7.500 Gruppen. Deren Zusammensetzung mit Blick auf Alter und Abhängigkeit sei oft problematisch. So seien drei von vier Teilnehmern älter als 50 Jahre und lediglich 280 Gruppen kümmerten sich um Abhängige illegaler Drogen.

„Zudem ist es enorm schwierig, junge Menschen unter 35 Jahren zu erreichen“, betonte DHS-Geschäftsführer Horst Hüllinghorst. Er forderte, zielgruppenorientierte Angebote gerade auch für Jugendliche zu verstärken. Schließlich habe der am Donnerstag vorgestellte Drogen- und Suchtbericht 2003 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), einen verstärkten Konsum von Alcopop-Getränken und Cannabis durch Jugendliche verzeichnet. Danach stieg die Zahl der stationär wegen Alkoholvergiftung Behandelten aus dieser Altersgruppe zwischen 2000 und 2002 um mehr als ein Viertel, davon die Hälfte Mädchen. Laut Bericht sind wegen Cannabis-Konsum derzeit 10.000 Jugendliche wegen schwerer Abhängigkeit und psychischer Probleme in Behandlung.

Der Schwierigkeit, junge Menschen erreichen zu können, will Wiebke Schneider entgegenwirken. Die Geschäftsführerin der Selbsthilfegruppe „Guttempler“ vertritt etwa 20.000 Suchtkranke und veranstaltet zusammen mit dem Bundesgesundheitsministerium das Projekt „Brücken bauen – junge Suchtkranke und Selbsthilfe“. Darin sollen Selbsthilfe-Angebote speziell für junge Menschen unter 35 Jahren erarbeitet werden. Silke Uertz