„Etwas zu ändern ist wunderbar“

Vor 40 Jahren wurde der Deutsche Entwicklungsdienst gegründet. Seine Mitarbeiter bieten vor allem technische Beratung an. Auf den Philippinen hilft eine Elektrikerin aus Berlin, Mädchen an einer Ordensschule zu Technikerinnen auszubilden

aus Manila CLAUDIA BLUME

Nonnen, die löten, feilen und bohren – das ist in der „Mary Help of Christians School“ in Mabalacat ein alltäglicher Anblick. Die Schwestern des Salesianer-Ordens betreiben in der Provinz Pampanga, etwa zwei Autostunden von der philippinischen Hauptstadt Manila entfernt, ein technisches Ausbildungszentrum für rund 180 Mädchen.

Neunzig Prozent der 16- bis 23-Jährigen lernen hier Elektronik-Berufe. Nicht gerade eine typische Frauenausbildung. Doch die Nonnen erkannten, dass die Firmen in der nahe gelegenen Sonderwirtschaftszone Clark, auf dem Gelände eines ehemaligen amerikanischen Militärflughafens, dringend Elektrotechniker brauchen. Weil es den Schwestern an Erfahrung fehlte, wie man eine solche Ausbildung aufzieht, baten sie den Deutschen Entwicklungsdienst um Hilfe. Eine Frau wollten sie haben, sagt Schwester Aurora, die Direktorin der Schule, weil die Vorbildcharakter für die Mädchen haben würde.

Der DED schickte die Ingenieurin Marion Gottmann, die seit nunmehr drei Jahren die Schwestern bei der Koordination des Elektronikbereichs unterstützt. Die Berlinerin hatte in der DDR Elektronikfacharbeiter ausgebildet. Als sie eine Gruppe von Angolanern unterrichtete, entstand der Wunsch, einmal selbst im Ausland zu arbeiten. Direkt nach der Wende bewarb sie sich beim DED.

Die Philippinen sind Marion Gottmanns zweiter Einsatz als Entwicklungshelferin, nachdem sie vorher einige Jahre mit Straßenkindern in Ecuador gearbeitet hat. Zu ihren Aufgaben in Mabalacat zählen Lehrerausbildung, die Erstellung von Lehrplänen und die Koordination mit der Industrie, nach deren Bedürfnissen sich der Unterrichtsinhalt richtet. Zur Ausbildung gehören jetzt auch Praktika. „Früher war die Ausbildung sehr theoretisch“, erzählt Marion Gottmann. „Jetzt haben wir nur 30 Prozent Theorie und 70 Prozent Praxis.“

In blitzsauberen, hellen Werkstätten lernen die jungen Frauen Leiterplatten zu bestücken, zu löten oder Schaltungen zu bauen. Der praxisnahe, anspruchsvolle Unterricht zahlt sich aus: bisher haben alle Absolventinnen der Schule Arbeit gefunden. „Früher musste ich zu den Firmen laufen. Jetzt kommen sie zu uns, als wären wir eine Arbeitsvermittlung“, berichtet Schwester Aurora stolz. „Sie rufen mich an und fragen: Schwester, haben Sie noch jemanden für mich?“

Die Schule operiert nach dem Motto: lerne jetzt, bezahle später. Die Mädchen zahlen die Schulkosten in Raten ab, wenn sie Arbeit gefunden haben. Nur Mädchen aus sehr armen Familien werden auf der Schule angenommen. Viele von ihnen haben vorher als Prostituierte in einer der unzähligen Bars in der Nähe der früheren amerikanischen Militärbasis gearbeitet.

Die Ausbildung ist gut für ihr Selbstbewusstsein, sagt Marion Gottmann. „Wenn sie auf unsere Schule kommen, sind sie sehr zurückhaltend. Sie laufen mit gesenktem Kopf umher. Doch schon nach ein, zwei Monaten ist zu sehen, wie ihr Selbstbewusstsein wächst, wie sie anfangen, sich mit mir zu unterhalten, mich über Deutschland zu fragen – es ist richtig schön zu sehen, die Entwicklung der Mädchen.“

Das Leben in dem etwas trostlosen Provinznest Mabalacat ist nicht einfach. Marion Gottmann vermisst Konzerte, Museen, Radfahren und Spaziergänge. Doch ihre Arbeit wiegt alles auf, sagt Marion Gottmann. „Es ist wunderbar, wenn man etwas verändern kann.“