Mit der Sprache Verschiebungen herstellen: „Rhythm King And Her Friends“ im Hafenklang
: Aufruf zur Arbeitssabotage

Nach einer Lead-Sängerin sucht man bei Rhythm King And Her Friends vergebens. Wenn die drei Frauen live spielen, lässt sich nicht ersehen, wer von ihnen eigentlich besagter King sein könnte: Alle drei singen, die Instrumente wechseln, die Bandstruktur bleibt unhierarchisch.

Linda Wölfel, Pauline Boudry und Sara John machen seit 2000 zusammen Musik. Sie singen auf Englisch, Französisch und manchmal, wie in „Copie-moi, je veux voyager“, auch auf Bulgarisch. „Wir wollen mit Sprache Verschiebungen herstellen“, erklärt Pauline Boudry. Das gilt auch immer wieder bezogen auf das gesellschaftlich hergestellte Geschlecht: „I‘d like to be a man to please you and a woman to make you happy“, texten sie in ‚Pants‘, „if only I had the power to change my sex and pleasure twenty times a day“.

Dass die Einzelne doch einige Macht besitzt, Dinge zu ändern, beweisen die Berlinerinnen in „Get paid“: Dort setzen sie sich mit dem Arbeitszwang in kreativen Jobs auseinander und schlagen eine Reihe von Sabotagemaßnahmen vor, vom Chef-in-sinnlose-Diskussionen-verstricken bis zum Sich-hässlich-zurechtmachen-fürs-Kundengespräch.

Doch auch das nur allzu häufige Scheitern radikaler Gesten am allgegenwärtigen Sexismus beschäftigt die drei: In „Sister“ benutzt eine Frau das Leninbuch Staat und Revolution, das sie eigentlich lesen wollte, um abwechselnd ihre Knie und ihr Gesicht vor den raumgreifenden Blicken eines Busfahrers zu schützen.

Rhythm Kings zum Tanzen drängender Mix aus treibenden Beats von Drummaschine, Sampler, Gitarre und Bass sowie sphärischen Klängen von Xylophon und Glockenspiel hört sich an wie eine Mischung aus Stella und Chicks on Speed. Die melodiösen Elektronik-Klänge erzeugen dabei eine angenehm leichte, schwebende Athmosphäre, die immer wieder rockig geerdet wird.

I am Disco ist die erste Langspielplatte auf dem Prenzlauer Berg-Label Kitty-Yo; vorher hatten Rhythm King And Her Friends Heimaufnahmen selbst herausgegeben. Einem größeren Publikum stellten sie sich erstmals auf einer Europatournee mit Le Tigre im Jahr 2002 vor.

Die Release-Party am Freitag im Hafenklang findet im Rahmen des queeren Ponderosa Clubs statt. „Ab und zu sind wir auch auf kommerziellen Bühnen zu Gast“, sagt Pauline Boudry, „aber am liebsten spielen wir vor einem Publikum, das wir uns selbst genau so erfunden hätten“. Katja Strube

Morgen, 22 Uhr, Hafenklang; CD/Doppel-LP „I Am Disco“ bei Kitty- Yo