Terror von rechts

Nach langer Pause widmet sich das Fernsehen wieder Weimar und der „Verschwörung gegen die Republik“

Junge, gewaltbereite Männer, die mit allen Mitteln den Sturz des verhassten politischen Systems betreiben, sind in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts keine Seltenheit. Dem leider zu oft verdrängten Terror von rechts widmet der WDR nun einen bemerkenswerten Zweiteiler.

„Verschwörung gegen die Republik“, ist das ambitionierte Projekt mit dem Bayerischen Rundfunk überschrieben, in dem Heinrich Billstein die Morde an Matthias Erzberger und Walther Rathenau rekonstruiert.

In der Erinnerungskultur des 20. Jahrhunderts, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen zuletzt pflegte, blieb die Frühphase der Weimarer Republik merkwürdigerweise eine Leerstelle. Das war in den 70ern noch ganz anders, als im Zuge der 68er Rebellion auch in ARD-Redaktionen die Morde an Liebknecht, Luxemburg oder Eisner und die gescheiterte Republik ein Thema waren. Erst die zunehmende Ausrichtung auf Quoten und internationale Verwertung machten es möglich, dass deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert auf die beiden Weltkriege, die Protagonisten des NS-Regimes, Flucht und Vertreibung oder zuletzt das Ende der DDR verengt wurde.

Dass wiederum zum Verständnis des Niedergangs der Weimarer Republik und des Aufstiegs der NSDAP ein detaillierter Blick auf die politischen Morde der Anfänge der ersten Republik erhellend sein kann, zeigt Billstein eindrücklich. Er belässt es in seinem sehenswerten Zweiteiler nicht nur bei der minutiösen Rekonstruktion der Attentate. Vielmehr arbeitet er auch heraus, warum der ehemalige Finanzminister und engagierte Katholik Erzberger und sein Kabinettskollege Walther Rathenau als AEG-Präsident, Freigeist und Jude zu Hassfiguren einer militanten Rechten wurden, die politische Morde zum Programm der Destabilisierung der Republik erklärte und nicht nur auf klammheimliche Freude beim Militär und im Parlament hoffen konnte.

So erinnert der Autor denn auch daran, dass der Rechtsterrorismus bei der Weimarer Justiz auf Nachsicht hoffen konnte. Zwar gingen auf das Konto von Freikorps und Geheimbünden allein bis 1922 über 350 politisch motivierte Morde, die Täter aber erwarteten oft milde Strafen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf Druck der USA ein zweiter Prozess gegen Heinrich Tillessen eröffnet, der zusammen mit Heinrich Schulz den Zentrumspolitiker Erzberger ermordete. Reichspräsident Hindenburg hatte die Flüchtigen 1933 amnestiert, was beide zu Karrieren in SA und SS nutzten. Zwar wurden beide in der Bundesrepublik zu 12 und 15 Jahren Zuchthaus verurteilt – Tillessen aber kam bereits 1952 schon wieder frei. RAINER BRAUN

WDR, 22.45 Uhr; Teil 2 am 19. 1.