„Das ist doch Wahnsinn“

Vom Senat verordnete Preiserhöhungen beim HVV stoßen bei den Fahrgästen auf Unverständnis. Trotzdem fahren viele Hamburger gerne Bahn und haben eigene Ideen zur Verbesserung

von HANNING VOIGTS

Nun steht es fest: Der HVV muss seine Preise erhöhen. Der Senat hat am Dienstag beschlossen, die Zuschüsse zu kürzen, so dass dem Verbund demnächst Geld fehlen dürfte. Erhöhungen von 2,5 bis 3 Prozent ab nächstem Jahr sind im Gespräch. Darüber war keiner der Fahrgäste glücklich, die gestern im Altonaer Bahnhof ihre Fahrscheine lösten.

Bärbel Evers (39), Architektin aus Hamburg, fände eine Preiserhöhung in Ordnung, wenn es dafür besseren Service gäbe: „Stark frequentierte Linien sind zu oft überfüllt.“ Für mehr Geld, findet sie, muss dann aber jeder einen Platz im Bus bekommen. Der 14-jährige Ruben findet die Preise eh zu hoch: „Öffentliche Verkehrsmittel heißen doch so, weil sie für jeden bezahlbar sein sollten, oder?“

„Die nutzen ihre Monopolstellung aus und wollen nur Kohle machen!“ Imke (36) hat überhaupt kein Verständnis für noch höhere Preise. „Man hat ja leider überhaupt keine Alternative ohne eigenes Auto, sonst würde ich nie mit der Bahn fahren.“ Und die 85-jährige Frau Sasse winkt nur müde ab: „Es wird ja eh alles immer teurer. Die haben die Preise lange nicht erhöht, jetzt ist es halt wieder soweit.“

Wie hoch der Preisanstieg ausfällt und wann er aktuell wird, darüber werden noch Gespräche geführt. Weil 35 Prozent der Ausgaben des HVV von der öffentlichen Hand getragen werden, hat der Senat ein Mitspracherecht bei allen Entscheidungen. „Die Verhandlungen laufen jetzt erst an“, berichtet Gisela Becker, Pressesprecherin des HVV. „Wir haben aber in gewissen Abständen unsere Preise immer den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst.“

Auch die Frage, ob alle Karten oder vielleicht nur Einzelkarten teurer werden, ist noch ungeklärt. Definitiv sei aber, so Becker, dass das „Sozialticket“ für Sozialhilfe-Empfänger bald abgeschafft wird: „Die Differenz zum Normalpreis hat bisher die Behörde für Soziales und Familie getragen. Diese Zuschüsse fließen jetzt nicht mehr.“

Außer über das neue Preissystem wird beim HVV im Moment nicht über Änderungen nachgedacht. Einige Fahrgäste hätten aber durchaus konstruktive Vorschläge. Eine 33-jährige Kundin schlägt zum Beispiel vor, Schwarzfahren schwerer zu machen. „Man erzählt uns immer, die U-Bahn wäre wegen der vielen Schwarzfahrer so teuer. Dann muss man halt Sperren einbauen, durch die man nur mit einem Ticket kommt“, regt sie an. Viele haben auch Probleme mit den Tarifzonen. „Da steigt man gar nicht durch“, beklagt sich Franzi (21), Studentin aus Berlin. Dort gäbe es die drei Bereiche A, B und C, da wisse man sofort, welches Ticket man braucht. Außerdem sei U-Bahn-Fahren in Berlin viel billiger.

Keiner der befragten Kunden war mit den Leistungen des HVV völlig zufrieden. Viele zeigten dagegen „immer mehr Verständnis“ für Schwarzfahrer. „Das ist doch klar“, rechnet Stefanie Lohaus vor, „für eine Station 1,45 Euro, das sind drei Mark, das ist doch Wahnsinn!“ Sie ist schon zweimal ohne Ticket erwischt worden. Ein Mann sieht sogar eine Mitverantwortung an der steigenden Vereinsamung: „Wer keine Arbeit hat, hat auch kein Geld zum Bahnfahren. Und dann bleiben die Leute zu Hause.“

Eigentlich fahren viele Hamburger gerne mit Bussen und Bahnen. „Man sieht so viel von der Stadt und kommt schnell ans Ziel.“ Florian (32) mag wie viele andere die Atmosphäre in der U-Bahn. Nur die vielen Biertrinker nach Feierabend. Die stören ihn. Und natürlich die hohen Preise.