Kaffeepause

Hallo, junge Frau!

Minus25, so dachte die ZDF-Reporterin, wäre der perfekte Fang für ihre perfekte Reportage. War sie aber nicht.

Ortstermin in der Philologischen Bibliothek der Freien Universität, dem von Norman Foster entworfenen „Brain“. Brain deshalb, weil das Gebäude eine runde, schädelartige Form hat. Ein Gehirn mit luftigen Arbeitsplätzen also, an denen sich Doktoranden ihr luftig-durchlöchertes Hirn zermartern. Promotionen schreiben. Oder womöglich noch Schlimmeres.

Minus25 jedenfalls ist gerade im Begriff, die Bibliothek zu verlassen, um einen ihrer unzähligen Kaffees zu trinken. 24 im 20-Minuten-Takt abgehaltene 20-Minuten-Pausen füllen einen Arbeitstag. Füllen ihn mit legitimiertem Nichtstun. Legitimationsgrundlage: „Das musste jetzt einfach mal sein.“ Ohne einen Funken Selbstdisziplin will Minus25 also alles geregelt kriegen. Und rattert stattdessen in ein Kamerateam rein, das sich vor dem Bibliotheksausgang positioniert hat.

„Hallo junge Frau“, hält die blonde Schöne (also die ZDF-Reporterin) Minus25 an. „Wir machen eine Umfrage unter Geisteswissenschaftlern. Die ja alle keinen Job kriegen. Bereuen Sie auch ihre Studienwahl? Brotlose Kunst und so?“ „Nein“, sagt Minus25, „eigentlich nicht.“ Die Reporterin schaut enttäuscht. „Gar nicht? Finanzkrise und so?“ „Nun ja, vielleicht doch“, räumt Minus25 kleinlaut ein und positioniert sich duckmäuserisch vor der Kamera. So, wie die Blonde es für ihren Beitrag wünscht. Minus25 zeigt sich reumütig: „Ich hätte doch Wirtschaft studieren sollen.“ Sie steht da, mies und klein – um dann zum ultimativen Gegenschlag auszuholen: „Weil man den Feind zuerst kennen muss, bevor man ihn zerstört.“

SASKIA VOGEL