Ein bisschen baggern

Die Elbe soll mal wieder ausgebaut werden: Morgen berät das tschechische Kabinett über zwei neue Staustufen

DRESDEN taz ■ 22 Staustufen an der Oberelbe gibt es schon, jetzt soll über zwei weitere entschieden werden: Morgen befasst sich das Prager Kabinett damit. Nach Protesten, negativen Bewertungen durch EU und Weltbank und widersprüchlichen Gutachten war die Entscheidung wiederholt vertagt worden. „Tschechien hat die Wahl zwischen dem Erhalt eines einzigartigen Ökosystems und einer milliardenschweren Investitionsruine“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordneten Renate Jäger. Das sächsische Wirtschaftsministerium betont dagegen, die Entscheidung sei allein tschechische Angelegenheit.

Die grenzüberschreitende Interessen-Verquickung ist offenkundig. Die in Dresden ansässige Sächsische Binnenhäfen GmbH übernahm etwa die insolventen tschechischen Häfen in Decin und Lovosice. Gesellschafter ist das sächsische Finanzministerium, fachlich arbeitet die GmbH mit dem Wirtschaftsministerium zusammen. Geschäftsführer Detlef Bütow vergleicht die Elbe an den Engstellen bei Decin und am Magdeburger Domfelsen mit „einer Autobahn mit Dorfstraßenabschnitten“. Wünschenswert sei Vollschiffbarkeit – an mindestens 345 Tagen des Jahres eine Tiefe von über 1,60 Meter.

Die CDU-geführte Regierung in Sachsen-Anhalt hat sich wiederholt gegen den in der rot-grünen Koalitionsvereinbarung 2002 verkündeten Stopp des Elbeausbaus ausgesprochen. Wortführer der Hafenwirtschaftslobby ist der „Verein zur Förderung des Elbstromgebietes“ in Hamburg. Er veröffentlichte gerade ein Gutachten über die wirtschaftlichen Schäden des Ausbaustopps. Die zuletzt rückläufigen Gütertonnagen sieht die Studie mit EU-Erweiterung gestoppt. BUND-Elbexperte Ernst Paul Dörfler kennt eine andere Studie des Elbstromvereins, wonach der Fluss auf 2,80 Meter Tauchtiefe ausgebaut werden soll. Dörfler: Stimmt das Kabinett in Prag den Staustufen zu, würde der Druck auf den deutschen Elbeausbau wachsen.

Ähnliches gilt für den geplanten Elbe-Saale-Kanal. Mit dem Transportvolumen – ein Güterzug täglich – lässt sich laut Dörfler das Wirtschaftsinteresse nicht rational begründen. Es gehe vielmehr um lukrative Bauaufträge. Dafür spricht, dass die Machbarkeitsstudie für ein flach gehendes Binnenschiff, das sich mit 90 cm Tauchtiefe dem Strom anpasst, noch nicht vorliegt – obwohl bereits vor zwei Jahren als Modell gezeigt. Verhinderungstaktik? Projektträger ist – wen wundert es – der sächsische Staatsbetrieb Binnenhäfen GmbH. MICHAEL BARTSCH