Massenvernichtungswaffen: Ob „Faithless“ in der Großen Freiheit ihr altes Mojo wiederfinden?
: Neufassung der sieben Todsünden

Der kranke Kopf sei der Herd allen Unheils. So einfach ist das. Die amerikanischen Politrammböcke hätten sich auf ihrer zähen Suche nach Massenvernichtungswaffen vielleicht an jemanden wenden sollen, der etwas davon versteht. Maxi Jazz, Vorprediger der etablierten englischen Danceband Faithless und bekennender Buddhist, weiß nämlich ganz genau, wo der Hammer hängt, der die Massen vergiftet. Und zählt in der demnächst veröffentlichten Single Mass Destruction gut gegliedert auf, wo es gilt, den Beelzebub auszutreiben: „Whether long range weapon or suicide bomb / A wicked mind is a weapon of mass destruction / Whether you‘re soar away Sun or BBC One / Misinformation is a weapon of mass destruction / You could be Caucasian or poor Asian / Racism is a weapon of mass destruction / Whether inflation or globalisation / Fear is a weapon of mass destruction / Whether Halliburton, Enron or anyone / Greed is a weapon of mass destruction / We need to find courage, overcome / Inaction is a weapon of mass destruction“.

Ein schwacher Geist, Desinformation, Rassismus, Angst, Gier und Tatenlosigkeit. Die wahren Massenvernichtungswaffen der heutigen Zeit. Wie eine Neufassung der biblischen Todsünden kommt seine Zustandsbeschreibung dieser Welt daher. Unterlegt wird die politische Ansage, und das macht Faithless so genießbar und alltagstauglich, mit einem zum Tanz einladenden, swingenden 50er-Jahre-Beat mit flotten Bläsern und fettem Dancebass. „You can teach an old dog new tricks“, kommentiert der musikalische Kopf Rollo Armstrong die neuen Töne seiner Band, die er Mitte der 90er zum größten Elektronik-Liveact mit Charthits wie „God Is A DJ“ oder „Insomnia“ komponiert hat und dessen Schwester Dido Armstrong, die Dido, ihn inzwischen kommerziell weit in den Schatten stellt.

Politischer sind Faithless geworden auf ihrem neuen Album The Roots, das am 7. Juni erscheint. Straßenkämpfe und fliegende Steine sind feste Bestandteile ihrer Artworks. Spricht das für eine neue Wut im Bauch, die der Band aus ihrer etwas fußlahmen Phase der vergangenen Jahre helfen könnte? Mit uninspirierten, enttäuschenden Auftritten wie im Hamburger CCH vor gut zwei Jahren, der Grund gab, an der Band herumzumäkeln. Auf hohem Niveau immerhin, denn schließlich waren sie ja die Größten. Als völlig vom Wahnsinn getriebene Formation spielten sie vor einer schreienden, schwitzenden, taumelnden Menge 1999 bei ihrem nächtlichen Auftritt auf der Zeltbühne des „Hurricane Festivals“. Gott war dort definitiv ein DJ und erschien 3.000 tanzenden Wilden.

Wer Faithless dort erlebt hat, wird den Glauben an die fidele Truppe nicht verlieren. Vielleicht finden sie ja mit dem neuen Album ihr altes Mojo wieder. Kleine Läden wie die Große Freiheit sind ohnehin ihr Ding. Mit rauschenden Erinnerungen im Hinterkopf lockt da natürlich dieser einzige Clubauftritt der Band in Deutschland, der die Magie der ersten Tage erwecken könnte. Volker Peschel

Donnerstag, 19 Uhr, Große Freiheit 36