Der Respekt, der erst spät kam

Die Kämpfe gegen den Mainstream haben ihn geprägt. Nachruf auf Elvin Jones, eine Jazzlegende der Sechzigerjahre neben John Coltrane. Sein Stil, wild, laut und aggressiv, befreite das Jazzschlagzeug aus der begleitenden Funktion

Eine spirituelle Erleuchtung habe ihn zu einem produktiveren Leben geführt, schrieb John Coltrane 1964 zu seinem einflussreichsten Werk, „A Love Supreme“. Der Saxofonist war vierzig Jahre alt, als er am 17. Juli 1967 starb, Aretha Franklin sang „Respect“ in jenem Sommer, die afroamerikanische Zeitschrift Ebony erklärte 1967 zum Jahr von „’Retha, Rap and Revolt“, und Coltranes „A Love Supreme“ wurde von den jungen Schwarzen mit Afrofrisuren, Dashikis und erhobenen Fäusten ebenso gehört wie auf den Love-ins der Pazifisten und Hippies. Elvin Jones war der Schlagzeuger des Coltrane-Quartetts: Bekannt für seine rhythmische Kunstfertigkeit, gehörte er zu den Ersten, die das Jazzschlagzeug aus einer reinen Begleitfunktion befreiten.

Sein aggressiver Stil, laut und wild, die Transformation des Schlagzeugs von einer Geräuschkulisse zum improvisierenden Musikinstrument, das alles klang vor 40 Jahren noch so far out, dass die Puristen „Antijazz“ riefen. Jones war Autodidakt, in seiner Band Jazz Machine gab er bis vor kurzem noch jungen talentierten Musikern eine Plattform. Vor fünf Jahren bekam Elvin Jones in der „Hall of Fame“ der amerikanischen Fachzeitschrift Down Beat eine Auszeichnung überreicht, von da an war er offiziell eine Jazzlegende. Und er genoss den Ruhm, den Respekt, immer auch daran erinnernd, dass die Coltrane Band in ihrer kreativsten Phase kaum Publikum hatte. Neben Elvin Jones wurde damals auch der Pianist Cecil Taylor in der „Hall of Fame“ ausgezeichnet, ein halbes Jahr später gaben die beiden im New Yorker Jazzclub Blue Note ein Duo-Konzert, und die Wochenzeitung Village Voice titelte: „21st Century History“.

Die Kämpfe gegen das Mainstream-Establishment der Sechzigerjahre haben in den Gesichtern dieser Musiker tiefe Spuren hinterlassen, ihre Improvisationen zeugen von gelebter Erfahrung und einer großen Schatztruhe voll kultureller Kompetenz. Zu hören ist das auf der CD „momentum space“ (Verve), die Elvin Jones und Cecil Taylor Ende der Neunziger zusammen mit dem Saxofonisten Dewey Redman aufnahmen. Am Dienstag starb Elvin Jones im Alter von 76 Jahren an Herzversagen. Zwei Wochen zuvor hatte sich der schwer kranke und abgemagerte Musiker zu einem letzten Konzert aus dem Krankenhaus entlassen lassen.

CHRISTIAN BRÖCKING

CD: „Puttin’ it together“, Blue Note, 1968