Gloria für Schwan

Regensburger Fürstin zeigte demokratisches Verständnis – und stimmte als CSU-Wahlfrau für die SPD-Bewerberin

MÜNCHEN taz ■ Die Wahlfrau galt als zuverlässig. Gloria von Thurn und Taxis, von der CSU in die Bundesversammlung entsandt, war zuletzt durch strammen CSU-Wahlkampf, brave Haarlage und reichlich konservative Ansichten aufgefallen. Doch nach der Abstimmung, so berichten Augen- und Ohrenzeugen, soll sich die eingeheiratete Fürstin mit Stammsitz in Regensburg geradezu ekstatisch als eine der 18 Abweichlerinnen bei der Präsidentenwahl geoutet haben.

Die bayrische SPD-Landtagsabgeordnete Marianne Schieder will beobachtet haben, wie Gloria von Thurn und Taxis der unterlegenen SPD-Kandidatin Gesine Schwan nach der Wahl um den Hals fiel – und jubelte: „Sie sind eine wunderbare Frau. Ich habe Sie gewählt.“ Daraufhin habe Schwan sich bedankt und die Fürstin ebenfalls umarmt.

Auf Nachfrage wollte sich im fürstlichen Schloss gestern niemand äußern. Dafür reagierte Gloria im bayerischen Fernsehen verärgert, als sie vom früheren CSU-Vorsitzende Theo Waigel gerügt wurde. „Mir war nicht klar“, giftete die Fürstin, „dass es einer Kameradenschweinerei gleichkommt, wenn man den anderen wählt. Ich bin gegangen, weil ich als freier Bürger eingeladen war.“ Sonst wäre sie erst gar nicht nach Berlin gefahren, fügte die Fürstin hinzu. „Ich werde nicht verraten, wen ich gewählt habe, weil ich das Quatsch finde.“ Gesine Schwan sei aber „eine sehr reizende Person, und auch sie hätte das Land sicherlich sehr, sehr gut vertreten“.

In der CSU ist man über so viel demokratisches Verständnis nur bedingt erfreut. Generalsekretär Markus Söder teilte mit, dass seine Partei das Wahlgeheimnis respektiere, fügte aber hinzu: „Wir finden es peinlich, wenn die SPD versucht, ihre Niederlage noch umzumünzen.“ Aus dem bayerischen Landtag war zu vernehmen, dass die Oberpfälzer CSU-Abgeordneten „stinksauer“ auf die Fürstin sind.

Die SPD-Abgeordnete Schieder beteuert, dass sie ihre Beobachtungen nur ganz nebenbei einem Journalisten erzählt habe. Wer sich allerdings „so lauthals“ freue wie die Fürstin, der müsse „schon damit rechnen, dass es viele mitbekommen“. Außerdem zeige Glorias Wahl doch nur, „dass Gesine Schwan sehr überzeugend auf viele Menschen gewirkt hat, die der SPD politisch nicht unbedingt nahe stehen“.

JÖRG SCHALLENBERG