Karrieren, die auf der Waldeck begannen

Franz Josef Degenhardt („Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“) war ab 1964 auf der Waldeck dabei. Damals arbeitete der Jurist noch an der Uni Saarbrücken an seiner Doktorarbeit. Bekannt wurde er mit bissiger Sozialpoesie, später tendierte er zu linker Kampfprosa. Auch heute produziert Degenhardt noch Alben. Inzwischen sind auch seine Söhne Kai und Jan als Liedermacher aktiv.

Reinhard Mey („Über den Wolken“) sang nach der Schulzeit in Berlin mit Schobert Schulz (später bei Schobert & Black) in der Gruppe „Die Verhungerten“. Auch er gastierte ab 1964 regelmäßig bei den Waldeckfestivals, zuletzt allerdings stark kritisiert, vor allem von Zuschauern, die Poesie ablehnten und eher klassenkämpferische Parolen bevorzugten. Mey, seit Ende der Sechzigerjahre auch in Frankreich eine Größe des Chansons, hat bis heute Erfolg: Im Mai 2004 steigt sein 23. Album („Nanga Parbat“) auf Platz 2 der deutschen Albumcharts ein.

Dieter Süverkrüp („Baggerfahrer Willibald“) lebte zunächst als Grafiker und Jazzgitarrist in Düsseldorf. Der Linksaußen der neuen Liedbewegung war auf der Waldeck ebenfalls von Anfang an dabei. 1969 nahm er mit dem Rockkabarett Floh de Cologne das Oratorium „Vietnam“ auf. Süverkrüp singt seit zehn Jahren nicht mehr.

Walter Mossmann („Die Ballade von Seveso“) kam als Freiburger Student ab 1965 auf die Waldeck. Er war einer der Sänger, die auch gern in den Arbeitsgruppen diskutierten. Ab 1975 wird er mit seinen „Flugblattliedern“ zur wichtigsten Stimme der Anti-AKW- und Umweltbewegung, zunächst im badischen Raum um die Ökometropole Freiburg. Nach einer Krebserkrankung kann er heute nicht mehr singen.

Hannes Wader („Heute hier, morgen dort“) kam erst 1966 auf die Waldeck, als Mey und andere schon Plattenverträge hatten. Bei seiner Premiere ist die Gitarre verstimmt, obendrein reißt auch noch eine Saite. Anschließend flüchtet Wader in den Wald und heult. Doch es war sein Durchbruch. Wader macht zunächst das Gitarrenpicking populär, später auch Arbeiter- und deutsche Volkslieder. Von 26 Wader-CDs werden über zwei Millionen Exemplare verkauft. 1991 tritt er aus der DKP aus. CDs macht er heute nur noch selten, gibt aber viele Konzerte.

Katja Ebstein („Wunder gibt es immer wieder“) kam ebenfalls aus der Berliner Liederszene. Auf der Waldeck sang sie unter anderem Brecht-Lieder – und wurde für den Schlager entdeckt. Beim Grand Prix Eurovision vertrat sie Deutschland dreimal (jeweils erfolgreich). Ebstein, die als ihre Idole Georges Brassens und Boris Vian nennt, hat neben Schlager immer Chansons gesungen, vor allem solche von Brecht und Heine.

Ivan Rebroff („Kalinka“) war auf der Waldeck nur eine kuriose Randerscheinung. Eigentlich hieß er Hans-Rolf Rippert und war Opernsänger sowie Solist bei den Donkosaken. 1966 sitzt er im Publikum, als auf der Waldeck ein Balalaikatrio spielt. Rippert springt auf die Bühne und sang mit seinem Bass russische Lieder dazu. Bald danach geht er als Ivan Rebroff mit dem Trio auf Tournee. Zum Star wird er mit dem Musical „Anatevka“. Er lebt seit dreißig Jahren in Griechenland, singt aber weiter mit Fellmütze und Vollbart.

Zum vierzigsten Jahrestag des Waldeckfestivals wird es an diesem Wochenende ein ABW-Jubiläumsfest am historischen Ort geben. Infos: www.burg-waldeck.de.

Zum Weiterlesen: Hotte Schneider, „Die Waldeck – Fahrten, Lieder, Abenteuer“. Ca. 500 Seiten, 30 Euro, Bezug: www.burg-waldeck.de (erscheint im Sommer 2004) CHR