Frühstücksfernsehen

Das neue Arte-Wissensmagazin „X:enius“ hat ein großes Faible für Ernährungsthemen (8.15 Uhr, Wdh. 16.45 Uhr)

Bildungsfernsehen ist so eine Sache, vor allem bei Privatsendern. Solchen wie n-tv ist die Bildung ihrer Zuschauer so wurscht, dass sie quasi täglich erklären, wie selbige hergestellt wird. Wer nicht weiß, wie Wurst entsteht, guckt also wahrscheinlich nie n-tv. Und erschrickt folglich nicht, wenn er heute „X:enius“ einschaltet, das neue öffentlich-rechtliche Wissensmagazin auf Arte.

Da geht es nämlich auch ums Mampfen, auch gedreht in einer Fabrik, wie im Privat-TV. Aber es bleibt glücklicherweise nicht dabei, zu zeigen, wie Sauerkraut in die Dose findet. Dafür ist Artes Anspruch naturgemäß zu hoch.

„X:enius“ will mehr. 26 Minuten dauert das werktägliche Magazin, das Werktätige leider schwerlich werden sehen können, weil es morgens und nachmittags läuft. Jede Folge ist einem Thema aus Alltag oder Wissenschaft gewidmet; die erste, wie noch zwei weitere in der ersten Woche, Ernährungsfragen, vielleicht weil das in unserer verlaferten Zeit ganz angesagt ist.

Neben Sauerkraut geht es um Fructose, um Mega-Gewächshäuser und um Forscher, die das Essverhalten der Mitarbeiter einer holländischen Uni durchleuchten wollen – und dazu in der Kantine Technik auffahren, die die Stasi gerne gehabt hätte.

Das ist alles hübsch gemacht und für eine breite Zielgruppe angelegt, mit Einspielern, Wackelkamera und wechselnden Moderationsduos, die mit einem Wohnmobil kreuz und quer durch die Lande rollen. Wie steht es in der Ankündigung? „‚X:enius‘ ist Roadmovie, Schatzsuche und Wissenssendung zugleich.“ Okay. Doch zweierlei stört bei den ersten Folgen: die zuweilen unkritische Haltung und das Gequatsche der Moderatoren.

Bei der Speisestudie etwa wünschte man sich wenigstens eine Stimme, die mal fragt, wie sinnig diese Untersuchung ist und wie sicher die gesammelten Daten sind. Immerhin wird jeder Bissen, jeder Schluck der Testesser gefilmt, Tabletts und Menschen werden gewogen, die Menüs haargenau dokumentiert. Datenschützern kommt da rappzapp die Suppe hoch, doch das wird nicht angesprochen.

Die beiden Moderatoren Caro Matzko und Gunnar Mergner, die den Auftakt machen, schnacken lieber um die Wette und plaudern dabei auch Dinge aus, die man gar nicht wissen will. Oder wen interessiert es, dass das Sauerkraut Frau Matzko Dünnpfiff beschert? Auch wenn sie es nicht so direkt formuliert.

Aber gut. Im Gegensatz zu den Würsten, die uns das private TV auftischt, macht „X:enius“ dann doch Spaß. Außerdem kann sich das Magazin ja noch entwickeln. Potenzial ist da. Bleibt nur noch zu hoffen, dass die Themen ausgefallener werden. Am Mittwoch geht es um die Verkaufstricks der Supermärkte. Interessant, sicher – aber schon tausendmal gesehen. BORIS ROSENKRANZ