Keine Verbrecherinnen mehr sein

An den Stonewall Riots wider polizeiliche Übergriffe waren 1969 auch New Yorker Sexarbeiterinnen beteiligt. Seit zwei Jahren gibt es hierzulande ein Prostitutionsgesetz, den Huren fehlt aber weiter die Gleichstellung mit anderen Berufen

Hannover taz ■ Auch am vergangenen Mittwoch, dem Internationalen Hurentag, arbeiteten viele praktisch ohne Namen im rechtsfreien Raum. In Berlin verteilten Beratungsstellen Lilien an die Liebesdienerinnen, um zu feiern. Danach ist vielen Huren nicht zumute. Zwar gibt es schon seit über zwei Jahren das bundesweit geltende Prostitutionsgesetz, „Arbeitsverträge für freiwillige Prostiution“ gebe es aber im Land immer noch kaum, kritisierten jetzt die niedersächische AIDS-Hilfe (NAH) und die Prostituierten-Beratungsstelle „Phoenix“. Ähnliches hatte im April die Gewerkschaft ver.di als Ergebnis einer Feldstudie vorgelegt.

„Bislang gibt es in der Prostitution nur gleiche Pflichten, das Ziel müssen aber auch gleiche Rechte gegenüber anderen Erwerbstätigkeiten sein“, sagte Brigitte Litfin vom Vorstand der NAH. Was fehlt, seien Stichtagsregelungen und bundesweit einheitliche Durchführungsbestimmungen. Prostituierte, die sich beim Finanzamt melden, müssten heute noch mit einer Rückverfolgung wegen Steuerhinterziehung rechnen. Bordellbesitzer setzten sich der Gefahr einer Strafverfolgung aus, wenn sie Mitarbeiterinnen offiziell anstellen.

Die NAH und Phoenix fordern deshalb für die „freiwillige sexuelle Dienstleistung soziale Arbeitsbedingungen und eine verbesserte Rechtsstellung gegenüber Behörden, Freiern und ArbeitgeberInnen“. Im Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution seien Veränderungen im Ausländerrecht notwendig. „Zurzeit haben Ausländerinnen aus Nicht-EU-Ländern, die hier ohne legalen Aufenthaltstatus anschaffen, keine Rechte“, betont Litfin. Ihnen bleibe oft nur, sich ausbeuten zu lassen, um dann „wie Verbrecherinnen behandelt und abgeschoben“ zu werden. „Eine Frau, die zwischen der Angst vor dem Zuhälter und dem Grausen vor der Abschiebung lebt, kann weder ihre eigene noch die Gesundheit der oftmals leichtsinnigen Freier schützen.“ Kai Schöneberg