„Schluss mit schmutzig“

Sie tragen keinen Stern und keinen Waffe. Aber sie können Dich zwingen, 30 Euro rauszutun für einen ausgespuckten Kaugummi: die Müllsheriffs. Ab Montag sind die beiden in Bremen unterwegs

Bremen taz ■ Beschaffungskriminalität kannten wir ja schon. Jetzt kommt die Entsorgungskriminalität dazu. 20 Euro kostet es in Zukunft, seine Kippe auf der Straße zu entsorgen, 25 eine Bananenschale wegzuschmeißen, Fastfood-Verpackungen kosten ebenfalls 20 Euro und aufgepasst Hundehalter: Einmal Kacken ohne anschließendes Einsammeln rangiert derzeit auf Platz eins mit 40 Euro. Wir entnehmen dies der Gebührenordnung auf der Rückseite eines kultverdächtigen roten Kärtchens, das von vorn die Aufschrift trägt: „Schluss mit schmutzig“. Ab Montag wird es in einer Auflage von zunächst 4.000 Stück unter den kleinkriminellen BremerInnen verteilt. Vor dem geistigen Auge sieht man schon eine Unzahl von Nachahmern und Plagiaten. Etwa die Senatoren-Fehltrittordnung: einmal Kredite für den Space Park bewilligen: 100 Euro, zweimal: Rücktritt, dreimal: sie haben sich gut gehalten, weiter so.

Zwei neue „Müllsheriffs“, von denen einer eine gewisse Ähnlichkeit mit Lucky Luke hat, werden diese Kärtchen in einer Art „soft opening“ an unschuldige Passanten verteilen. Menschen, die vielleicht noch nie in Amerika waren, und die deswegen nicht wissen, dass man seine Kippen besser nicht auf die Straße schmeißt, wenn man weiterhin als unbescholtener Bürger durchgehen will. Dass man auch seinen Kaugummi nicht ausspuckt, sein Taschentuch nicht auf der Straße fallen lässt und seinen Döner-Rest nicht an der Bordsteinkante entsorgt. Nach der Rote-Kärtchen-Phase geht es dann im Juli in die „harte Phase“, und die beiden dürfen tatsächlich Bußgelder erheben. Dabei handelt es sich bei den Müllsünden um sogenannte Ordnungswidrigkeiten. Wie bei den Falschpark-Knöllchen werden die Personalien der Müll-Sünder aufgenommen, der Bußgeldbescheid ergeht dann schriftlich. Theoretisch dürfen die beiden Herren, die in dunkelblauer Uniform nicht nur durch die City, sondern gelegentlich auch durch Stadtteile patroullieren, sogar Gewalt anwenden. Ihr Rang ist der eines Hilfspolizisten. „Aber da gilt natürlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ beruhigt Bausenator Jens Eckhoff (CDU) all diejenigen, die ihren vierbeinigen Liebling schon mit Fußschellen im Hunde-Knast und sich selbst zu Boden geworfen sehen – und zwar mitten in die mit 25 Euro dotierte Essensrestentsorgung des vorigen Passanten.

Aber ernst ist es ihm schon, dem Senator. „Wir haben hier eine frisch sanierte Fußgängerzone und nun sehen Sie sich an, wie das nach kurzer Zeit hier aussieht“, empört sich Eckhoff. „Ich kann mich doch nicht auf der Straße anders verhalten als zu Hause, da schmeiß’ ich doch auch keinen Müll auf meine Terrasse.“ Trotzdem müsse man nach einer Zeit Bilanz ziehen und sehen, was die Aktion gebracht habe: „Wenn hier jeder zweite Passant zu den Sheriffs sagt, lass mich bloß in Ruhe mit deinen Gebühren, sonst passiert was, dann ist das am Ende vielleicht keine Maßnahme, die sich rechnet“. O.k., das haben wir verstanden. Elke Heyduck