Mordserie vor Machtübergabe

Zwei Wochen vor Einsetzung der irakischen Übergangsregierung sterben in einer Serie von Attentaten in Bagdad acht Zivilisten, vier Polizisten und zwei hochrangige Regierungsmitglieder

BAGDAD taz/dpa/rtr/ap ■ Die Besetzung des Irak mag völkerrechtlich am 30. Juni enden, eine Interimsregierung die Macht zumindest formal übernehmen. Den politischen Mördern ist das offenbar gleichgültig. Gestern Morgen starben bei der Explosion einer Autobombe zwölf Menschen. Eine irakische Polizeistreife wollte das Fahrzeug des Attentäters stoppen, als dieser seine Bombe zur Explosion brachte. Unter den ausschließlich irakischen Opfern befinden sich auch vier Polizisten.

Fast zur gleichen Zeit schlug eine Rakete in das von den USA abgesperrte Regierungsviertel in Bagdad ein. Dabei kamen keine Personen zu Schaden. Ein ehemaliger Regierungspalast von Saddam Hussein wurde leicht beschädigt.

Ebenfalls gestern Morgen wurde ein hochrangiger Mitarbeiter der Übergangsregierung ermordet. Unbekannte gaben auf Kamal al-Dscharra, Direktor der Kulturabteilung des Erziehungsministeriums, Schüsse ab, als er um 7.30 Uhr sein Haus im westlichen Bagdader Stadtteil Gazalia verließ, um zur Arbeit zu fahren. Dscharra starb wenig später im Krankenhaus. Seine Frau entkam dem Attentat unverletzt. Zudem wurde ein irakischer Informatikprofessor, Sabri al-Bajati, beim Verlassen seines Instituts an der Bagdader Universität niedergeschossen.

Erst am Vortag war der Direktor im Außenministerium, Bassam Kubba, angegriffen und tödlich verletzt worden. Das Außenministerium erklärte dazu, die Ermordung Kubbas trage „die Handschrift verbliebener Anhänger des üblen Regimes von Saddam Hussein“. Man werde sich „durch Saddamisten nicht abschrecken oder einschüchtern lassen“, sagte Außenminister Hoschijar Sebari.

Am Samstag wurde ein entführter libanesischer Bauarbeiter bei Falludscha erschossen aufgefunden. Ein weiterer wurde von seinen Geiselnehmern freigelassen, ein dritter wurde weiterhin vermisst. In Falludscha kamen sieben entführte türkische Bauarbeiter frei, wie deren Firma mitteilte.

Angesichts der fortdauernden Gewalt wird sich am US-Militäreinsatz auch nach dem Machttransfer an die Iraker am 30. Juni kaum etwas ändern. „Ich denke nicht, dass man am 15. Juli einen großen Unterschied etwa zum 15. Januar sehen wird“, sagte der stellvertretende US-Einsatzleiter Mark Kimmitt. KLH

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