Spur des Uran-Deals führt nach Rom

Der italienische Geheimdienst soll dubiose Dokumente über eine Uran-Lieferung Nigers an den Irak weitergeben haben. Das berichtet die Tageszeitung „La Repubblica“. Außenminister Franco Frattini dementiert. Römische Staatsanwaltschaft ermittelt

aus Rom MICHAEL BRAUN

Ein gestern in der Tageszeitung La Repubblica erschienener Exklusivbericht erhärtet den Verdacht, dass die Story von der Uran-Lieferung Nigers an den Irak ihren Ausgangspunkt in Rom hatte. Zwar dementiert Außenminister Franco Frattini weiter die Meldungen in britischen und US-Zeitungen, es sei der italienische Geheimdienst Sismi gewesen, der die dubiosen Dokumente an London und Washington weitergereicht habe. Aber La Repubblica ist vom Gegenteil überzeugt: Unter Berufung auf einen Informanten aus dem Sismi behauptet das Blatt, dass die italienischen Schlapphüte zumindest als Mittler im Dokumentendeal gewirkt hätten.

Die von der Zeitung gelieferte Rekonstruktion beginnt mit einem mysteriösen Einbruch in der Botschaft des Niger in Rom zur Jahreswende 2000/2001. Bloß eine Uhr kam weg, obwohl alle Büros auf den Kopf gestellt waren. Die These: Der Einbruch diente dazu, später das Auftauchen angeblich echter Schriftstücke der nigerischen Regierung plausibel zu machen. Zehn Monate später war es so weit: Der anonyme Zuträger aus dem Sismi erzählt, Ende Oktober 2001 habe ein afrikanischer Diplomat dem Geheimdienst das Uran-Dossier angeboten. Ein echtes Fax über die Reise des irakischen Botschafters beim Heiligen Stuhl habe als Köder gedient, um den übrigen, gefälschten Dokumenten – unter ihnen die „Vereinbarung“ zwischen den Regierungen Nigers und des Irak über die Lieferung von 500 Tonnen Uran – Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Diese Schriftstücke seien entweder vom Sismi selbst oder auf seine Vermittlung direkt vom britischen MI 6 angekauft worden. In den Folgemonaten – so der Informant der Repubblica – habe es mehrere Treffen zwischen italienischen und britischen Geheimdienstlern gegeben. Die Italiener seien nicht darüber informiert worden, ob der MI 6 den CIA einweihte.

Zugleich befasste sich das italienische Außenministerium mit den Dokumenten – und kam zu dem Schluss, den im Frühjahr 2002 auch der von der CIA in den Niger geschickte Exbotschafter Joseph Wilson zog: Es war wohl eine Ente in Umlauf gebracht worden. Italiens Position änderte sich aber im Vorfeld des Krieges radikal. Im Oktober 2002 behauptete Sismi-Chef Niccolò Pollari vor der parlamentarischen Kontrollkommission, sein Dienst habe „keine Beweise, sondern nur Informationen“ über den angeblichen Uran-Deal. Nur einen Monat später versicherte Pollari, es lägen Dokumente vor, „die den Uran-Ankauf durch den Irak in einer zentralafrikanischen Republik beweisen“.

Weiter aber versichert Außenminister Frattini, weder die Regierung noch der italienische Geheimdienst hätten je „auch nur irgendein Dokument“ international in Umlauf gebracht. Doch nicht nur die Opposition im italienischen Parlament, die mehrere Anfragen eingebracht hat, will klarer sehen. Auch die Staatsanwaltschaft Rom hat Vorermittlungen aufgenommen, um festzustellen, ob im Zusammenhang mit dem Uran-Dossier in Italien Verbrechen begangen wurden.