Die langen Tiertransporte haben ein Ende

Schweine und Rinder sollen künftig nicht länger als neun Stunden ohne Pause durch Europa gekarrt werden

BRÜSSEL taz ■ EU-Verbraucherkommissar David Byrne freut sich, „ein radikales Umkrempeln der Tiertransportvorschriften in Europa“ durchgeboxt zu haben. Hingegen reichen der deutschen Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) die gestern in Brüssel vorgeschlagenen Änderungen für die häufig langen Reisen von Kühen, Rindern oder Schweinen voraussichtlich nicht.

Doch spätestens im Ministerrat wird sie merken, dass angesichts der Vorbehalte einiger ihrer Kollegen – zum Beispiel der aus Irland, Spanien oder Italien – mehr nicht durchzusetzen war.

Alles in allem können die 17,5 Millionen jährlich quer durch Europa transportieren Kühe, Schafe und Rinder nach dem In-Kraft-treten der Verordnung Ende 2005 tatsächlich aufatmen. Künftig sollen alle am Tiertransport Beteiligten für die strikte Beachtung der neuen Vorschriften verantwortlich sein. Bei den Langstreckentransporten gibt es kontrollierte Temperaturen in den Wagen, die auf jede Tierart abgestimmt sind. Im Führerhaus muss ein Warnsystem Abweichungen melden. Außerdem muss immer ein Zugang zur Tränke vorhanden sein.

Je nach Tierart und Dauer des Transports ist auch mehr Platz als zur Zeit vorgesehen. So kriegt ein Schwein beispielsweise 40 Prozent mehr, ein Schaf 30 Prozent und ein Rind 16 Prozent. Und die Tiere dürfen während des Transportes nicht angebunden werden. Am Ende der Fahrt soll der Transporteur einen Bericht schreiben, in dem der Zustand der Tiere und Todesfälle genannt werden. Wer sich daran nicht hält, dem drohen saftige Sanktionen. Bei der jetzigen Regelung fehlte das.

Künftig darf kein Tier mehr als neun Stunden ohne Pause durch die Lande gekarrt werden. Fahrtenbücher und Tachografen sollen darüber wachen. Nach maximal neun Stunden gibt es zwölf Stunden Rast, bei der Tiere in ihren Wagen bleiben können. Damit wird der Stress vermieden, der beim Ver- und Entladen am größten ist. Jungtiere, etwa Ferkel, die jünger als vier Wochen sind, dürfen höchstens 100 Kilometer weit transportiert werden, weibliche Tiere eine Woche vor der Geburt und eine Weile nach der Geburt dürfen gar nicht reisen. Auch Pferden soll es besser gehen: mehr Platz und bei langen Strecken Einzelverschläge und ständiger Zugang zum Heu.

Mehrkosten wird die Einhaltung der Vorschriften mit sich bringen. Kommissar Byrne schätzt sie aber nur auf 0,9 bis 1,5 Prozent des Transports. Ob da alles eingerechnet ist – zum Beispiel die Umrüstung der Fahrzeuge, die vorgeschriebene Schulung aller am Transport Be-teiligten und die verbesserte Überprüfung – lässt sich jetzt noch nicht sagen.

Das Thema sei halt „heikel und emotional“, erklärt Byrne, und noch ist es ja nicht vom Tisch. Das Europäische Parlament wird dazu zwar nur angehört, darf aber nicht mitentscheiden, doch dann stoßen später im Ministerrat noch einmal die Meinungen aufeinander.

GERD RAUHAUS