Kopieren hat einen tieferen Sinn

Ob Computerwarten oder Rasenmähen: 3.500 SchülerInnen arbeiteten gestern für einen guten Zweck. Mit dem Erlös finanziert der Verein „Schüler Helfen Leben“ etwa ein Schulprojekt in Bosnien

VON VERENA HEYDENREICH

Arbeiten – und das ohne damit Geld zu verdienen? Für SchülerInnen eher ungewohnt, dient doch der Nebenjob nach der Schule hierzulande ausschließlich dafür, das Taschengeld aufzubessern. Gestern war das anders. 220.000 Jugendliche beteiligten sich am „Sozialen Tag“ des Vereins „Schüler Helfen Leben“. Sie kopierten, mähten Rasen, putzten Fenster – alles für einen guten Zweck. In Berlin startete die Aktion zum ersten Mal, 3.500 SchülerInnen von 31 Schulen machten mit.

„Das ist alles total freiwillig“, erzählt die 17-jährige Susanne. „Ich finde die Idee einfach gut.“ Denn auch wenn sich die SchülerInnen von ihrer Arbeit nichts kaufen können, haben sie nicht umsonst geschuftet. Ihren Lohn spenden sie für Jugendprojekte in Südosteuropa. Die erwarteten Einnahmen liegen bundesweit in diesem Jahr zwischen 3 und 3,5 Millionen Euro.

Auch Joschka wird Geld beisteuern. Der 17-jährige Schüler arbeitete dazu am „Sozialen Tag“ dort, wo er das auch sonst tut: Als Aushilfe kümmert er sich bei der Acksel Immobiliengesellschaft um die Computer und erneuert regelmäßig Virenprogramme. Mit seinem Chef hat er für den gestrigen Tag den Lohn neu ausgehandelt. Für zwei Stunden Arbeit erhält er 30 Euro, die er spenden wird.

Der Verein „Schüler Helfen Leben“ weiß aus den vergangenen Jahren, dass die Bezahlung höchst unterschiedlich ausfallen kann. Die Unternehmen oder Privatpersonen zahlen meist einen Stundenlohn zwischen 4 und 30 Euro.

Mit dem erwirtschafteten Geld konnte die Vereinsstiftung seit 1992 schon beachtliche Projekte starten: In Bosnien und dem Kosovo baute sie etwa Jugend- und Ausbildungszentren auf. Die Hälfte jedes gespendeten Euro fließt in die Stiftung „Schüler Helfen Leben“, um die Arbeit der bestehenden Projekte langfristig garantieren zu können. Die andere Hälfte dient neuen Vorhaben. 2004 wird ein ökologischer Ausbildungsbauernhof in Rumänien und ein Schulprojekt für Roma-Kinder in Bosnien finanziert.

Die Schülerin Susanne hat sich entschieden, beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFS) zu arbeiten. In ihrer Schule hat sie von der Aktion gehört und sich über die Internetseite des „Sozialen Tages“ beim Ministerium beworben. „Was so eine Behörde macht, konnte ich mir gar nicht so genau vorstellen. Meine Arbeit nützt nicht nur anderen, ich lerne auch was“, berichtet Susanne, während sie mit Schere und Kleber hantiert. Sie war der Pressestelle zugeteilt und durfte helfen, den Pressespiegel zu erstellen.

Sich zu engagieren ist für sie selbstverständlich. Mit Freunden hat sie die Patenschaft für zwei Kinder übernommen, außerdem musiziert sie in ihrer Freizeit mit behinderten Jugendlichen. Aber als eine Ausnahmeerscheinung sieht sie sich nicht: „Bei meinen Freunden ist das normal.“

Die Beteiligung von 220.000 SchülerInnen in ganz Deutschland bestätigt, dass Engagement gut ankommt. Robert und Phillip, jeweils 13 Jahre alt, gehören zu den Jüngsten und wollten einfach „was Wohltätiges“ machen. Joschka erzählt, dass eigentlich alle aus seiner Klasse beim „Sozialen Tag“ mitmachen wollten, doch nur etwa die Hälfte einen Job finden konnten. „Vielleicht haben sie nicht richtig gesucht – aber es ist schon schwer, ein Unternehmen zu finden“, sagt der 17-jährige Gymnasiast. Sein Chef in der Immobiliengesellschaft unterstützt die Aktion: „Es ist immer sinnvoll, wenn sich junge Leute engagieren. Joschka ist außerdem eine echte Bereicherung.“ Glück für Joschka, denn am Computer arbeiten macht ihm auch noch Spaß. Für den guten Zweck hätte er aber notfalls auch zum Rasenmäher gegriffen.