Zahlen schlecht, Optimismus groß

Reformen am Arbeitsmarkt blieben bisher fast erfolglos, doch Gerster bleibt ehrgeizig

BERLIN rtr/taz ■ Florian Gerster war gestern optimistisch: Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA) glaubt, dass er die Zahl der Arbeitslosen innerhalb von zwei Jahren um bis zu 400.000 Erwerbslose verringern kann – durch eine Reform seiner Arbeitsämter, also „durch bessere, schnellere Dienstleistungen“.

Gerster legte erstmals einen Quartalsbericht der Behörde vor. Sein BA-Vorstandskollege Frank-Jürgen Weise prognostizierte dabei, dass die Arbeitsämter in diesem Jahr einen Bundeszuschuss von 6,5 bis 7,5 Milliarden Euro benötigen würden. Allerdings könne das Defizit höher ausfallen, wenn ein Wirtschaftswachstum von 0,75 Prozent in diesem Jahr nicht erreicht werde. Es gebe „einige Anzeichen“, dass sich die Wirtschaft möglicherweise schlechter entwickele. Genauere Berechnungen könne die BA erst im September vorlegen. Bis Ende Juni war bereits ein Defizit von 5,2 Milliarden Euro aufgelaufen. Ursprünglich hatte Finanzminister Hans Eichel (SPD) damit gerechnet, dass er den Bundeszuschuss in diesem Jahr auf null drücken kann.

Gerster zeigte sich zuversichtlich, dass es in diesem Jahr vermieden werden kann, dass die Zahl der Arbeitslosen auf über fünf Millionen Menschen klettert – wenn es keine negativen Überraschungen gebe und keinen dramatisch harten Winter. Er ging davon aus, dass die Wirtschaft nach einem Nullwachstum im ersten Halbjahr nun langsam auf Wachstumskurs gelange. Im Juni waren 4,257 Millionen Arbeitslose registriert.

Der BA-Chef begrüßte die Beschlüsse von Regierung und Opposition zur Gesundheitspolitik, die zu einem geringeren Beitrag vor allem der Arbeitgeber zur Krankenversicherung führen sollen. Jeder Prozentpunkt, um den die Lohnnebenkosten verringert würden, könne 100.000 Arbeitslose weniger bringen. Die Beschlüsse seien „eindeutig positiv für den Arbeitsmarkt“.

Eine ähnliche Wirkung lässt sich bei den Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt noch nicht erkennen. Sie zeigen bisher nur in Teilbereichen Erfolge, wie BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt einräumte. Bis Ende Juni hätten sich 33.000 Arbeitslose als Ich-AG selbstständig gemacht; dieses Instrument wurde zu Jahresanfang eingeführt. Das Überbrückungsgeld für Existenzgründer, so schätzt die BA, würden im gesamten Jahr etwa 200.000 Arbeitslose nutzen.

Auch die vermittlungsorientierte Zeitarbeit hat noch nicht die Erwartungen erfüllt. Bei den neuen Personal-Service-Agenturen (PSA) seien bisher nur etwa 2.300 Erwerbslose beschäftigt, sagte Weise. Die BA hoffe dennoch, dass sie ihr zum Jahresende gesetztes Ziel von 50.000 besetzten Plätzen erreiche. Auch die private Vermittlung komme nicht recht in Schwung. Die Zeitarbeit leide unter der schlechten Konjunktur. Sie werde bei einem Anspringen der wirtschaftlichen Entwicklung im kommenden Jahr „weit besser anziehen“. U.H.