Enthauptung schockiert Südkorea

Leiche des im Irak entführten Südkoreaners gefunden. Regierung in Seoul hält an geplanter Truppenentsendung nach Irak im August fest, doch muss sie sich wachsender Opposition und unangenehmen Fragen zu ihrem Krisenmanagement stellen

VON SVEN HANSEN

Mit Entsetzen, Trauer und Wut haben Südkoreas Regierung und Bevölkerung auf die Enthauptung des im Irak entführten Kim Sun Il reagiert. Präsident Roh Moo Hyun bezeichnete gestern Kims Ermordung als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Roh erklärte zugleich, dass seine Regierung ihre auch innenpolitisch umstrittenen Pläne zur Entsendung weiterer 3.000 Soldaten in den Irak nicht ändern werde: „Wir sind nicht an feindlichen Aktivitäten gegen den Irak und andere arabische Nationen beteiligt. Die Truppenentsendung ist zwingend, um bei der Rehabilitierung und dem Wiederaufbau des Landes zu helfen.“ Südkorea hat 660 Soldaten beim kurdischen Erbil stationiert und plant die Entsendung weiterer 3.000 ab August. Dies wäre das drittgrößte ausländische Kontingent.

US-Soldaten hatten die Leiche des 33-jährigen Kim und seinen abgetrennten Kopf am Dienstagnachmittag 35 Kilometer westlich von Bagdad gefunden. In einem dem arabischen Sender al-Dschasira zugespielten Video hatten die Entführer der al Qaida nahe stehenden Gruppe „Monotheismus und Dschihad“ erklärt, Kim müsse sterben, weil Seoul die Forderung nach dem Abzug südkoreanischer Truppen aus dem Irak nicht erfüllen wolle. „Eure Armee ist nicht aus Sorge um den Irak hierher gekommen, sondern wegen des verfluchten Amerika“, heißt es in dem Video. Es zeigt Kim kniend mit verbundenen Augen vor fünf Maskierten, einer davon mit einem Messer. Al-Dschasira strahlte die auf dem Video gezeigte Enthauptung nicht aus.

Kims Tod ist für Südkorea umso schockierender, als es kurz zuvor Anzeichen für Verhandlungen gab. Auch hatten die mutmaßlich von dem jordanischen Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi geführten Kidnapper ihr Ultimatum, das ursprünglich Montagabend endete, verlängert. Als Südkoreas Regierung am Dienstag aber erklärte, an der Truppenentsendung festzuhalten, entschlossen sich die Entführer offenbar zur Hinrichtung. Kim hatte zuvor in einem anderen Video gefleht, auf die Truppenentsendung zu verzichten, um sein Leben zu retten.

Kim, der Arabisch studierte, dolmetschte für eine koreanische Handelsfirma, die US-Tuppen im Irak versorgt. Er ist der dritte dort getötete koreanische Zivilist. Die Regierung forderte gestern südkoreanische Geschäftsleute und Journalisten zum Verlassen des Irak auf.

Innenpolitisch wächst mit Kims Tod der Druck, auf die Truppenentsendung zu verzichten. Bereits am Dienstag waren wieder tausende auf die Straße gegangen. Gestern unterzeichneten 50 Abgeordnete aller im Parlament vertretenen Parteien, darunter 27 der regierenden Uri-Partei, eine entsprechende Resolution. Darin argumentieren sie, das Parlament sei nicht korrekt über die Sicherheitsbedingungen im Irak informiert worden. Zweifel am Umgang mit der Entführung gab es gestern zudem im Außenministerium. Vizeminister Choi Young Jin erklärte, Kim sei bereits am 30. Mai und nicht wie bisher bekannt am 17. Juni entführt worden. Außenminister Ban Ki Moon nahm dies jedoch später wieder zurück.