Europarichter schonen die BVG

Kommunen dürfen ihre Verkehrsbetriebe finanziell unterstützen, urteilten Europarichter. Bei Stadtentwicklungsverwaltung und BVG herrscht eitel Freude. Nur die IHK ist sauer

Erleichterung war gestern bei den Berliner Verkehrsbetrieben angesagt. Die Botschaft, die den Nahverkehrsmonopolisten so erfreute, lautete: Alles bleibt, wie es ist. Der Millionenbetrag, den die Stadtverwaltung alljährlich an die BVG überweist, sei keine wettbewerbsverzerrende Subvention, hatte der Europäische Gerichtshof geurteilt.

Auf den Richterspruch, der von allen deutschen Nahverkehrsbetrieben mit Spannung erwartet worden war, reagierte BVG-Chef Andreas Graf von Arnim mit den Worten: „Unsere Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. Der Verkehr für Berlin läuft wie geplant.“ Allerdings könnten die BVG-Mitarbeiter ihre Hände nicht in den Schoß legen, denn ab 2007 müssten sie sich mit anderen Anbietern messen. Dann nämlich läuft der zurzeit gültige Vertrag zwischen Stadt und BVG aus.

Auch in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zeigte man sich gestern zufrieden. „Wir begrüßen es, dass die Europarichter unsere Zuschüsse an die BVG als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen sehen und nicht als Subventionen“, sagte eine Sprecherin zur taz. Auf Deutsch: Weil es im Interesse aller liegt, in Berlin viele Busse und Bahnen fahren zu lassen, möchte man auch ein wenig Geld dafür ausgeben dürfen.

Kritik am Brüsseler Urteil kam gestern aus der Industrie- und Handelskammer. Man vermisse ein Plädoyer für mehr Wettbewerb im Nahverkehr. Einziger Lichtblick sei, dass Brüssel klare Bedingungen formuliert habe, was einen Zuschuss von einer Subvention unterscheidet.

Die Richter hatten gefordert, dass Kommunen Geld nur an solche Unternehmen überweisen dürfen, die wirklich Aufgaben zum allgemeinen Wohl übernehmen. Diese Zahlungen müssten zudem jederzeit nachvollziehbar sein. Schließlich dürften die begünstigten Unternehmen keine großen Gewinne einfahren.

„Dass dies nie geschehen wird, dafür sorgen schon die klammen Haushalte der Kommunen“, sagte André Neiß vom Nahverkehrs-Beratungsunternehmen BBD Verkehrsconsult. Wer mit so wenig Geld wie die öffentlichen Kassen auskommen muss, der brauche keinen Wettbewerb mehr. Dass mit dem Urteil Frieden in die Nahverkehrsverwaltungen einziehen wird, ist nicht zu erwarten. Derzeit arbeitet Strieders Stadtentwicklungsbehörde daran, die BVG und den Verkehrsverbund VBB zu entmachten. „Da kommt noch einiges an Streit auf uns zu“, sagte ein Nahverkehrsmanager, der nicht namentlich genannt werden wollte. MATTHIAS BRAUN